Ilker Gündogan ist Doktorand an der Fakultät für Ostasienwissenschaften der RUB. © RUB, Kramer

Ostasienwissenschaften Wie China die Welt erobern will

Ilker Gündogan erforscht, wie das Land dabei den Fußball nutzt.

Viele westliche Medien haben eine einfache Erklärung, warum die Volksrepublik China den Fußball für sich entdeckt hat und viel Geld in den Sport investiert: Staatspräsident Xi Jinping sei großer Fan des Ballsports und will diesen in seinem Land populär machen.
Der Ostasienwissenschaftler Ilker Gündogan gibt sich mit dieser simplen Begründung nicht zufrieden und forscht für seine Promotion nach den Zusammenhängen zwischen der Staatspolitik und den Investitionen im Fußball.

Wie ist die Idee entstanden, Chinas Engagement im Fußball zu erforschen?
2015 hat die chinesische Zentralregierung erstmals eine Reform veröffentlicht, die sich explizit mit dem Thema Fußball auseinandersetzt und langfristig das Ziel verfolgt, China in dieser Sportart in der Weltspitze zu etablieren. Prof. Dr. Jörn-Carsten Gottwald von der Sektion Politik Ostasiens hat mich auf der Suche nach einem Promotionsthema ermutigt, meine privaten Interessen im Sportbereich mit meiner Forschung zu verbinden.

Jetzt wage ich mich in dieses innovative Forschungsfeld, denn obwohl es seit 1994 einen professionellen Ligabetrieb in China gibt, haben sich nur ganz wenige Ostasienwissenschaftler diesem Thema gewidmet.

Was ist Ihre konkrete Forschungsfrage?
In meiner Promotion untersuche ich, wie Staatspräsident Xi Jinping in seiner Amtszeit den Fußball fördert. Ich versuche zu verstehen, welche ideologischen Ziele seine Politik verfolgt und welche Aufgaben dabei das Engagement in der Sportförderung übernimmt.

China versucht schon seit einigen Jahren, sich als Weltmacht zu positionieren

China versucht schon seit einigen Jahren, sich als Weltmacht zu positionieren, und meine These ist, dass durch einen Erfolg im Fußball als populärste Sportart das Ansehen der Nation weltweit gestärkt werden soll.

Warum fokussiert sich die chinesische Regierung so auf die Sportart Fußball?
Meiner Meinung nach spielen dafür zwei Faktoren eine wichtige Rolle: Die Regierung möchte die chinesische Wirtschaft transformieren und ein konsumgeleitetes Wachstum fördern. Der Bevölkerung soll ein Anreiz geboten werden, Geld im heimischen Fußballgeschäft für Merchandise oder Tickets auszugeben.

Außerdem ist Fußball die umsatzstärkste Sportart mit einer schier unendlichen Medienreichweite. Das Prestige von fußballerischen Erfolgen ist weltweit immens, und ein Erfolg in dieser Sportart könnte Stahlkraft für das generelle Prestige von China haben.

In Europa hat die chinesische Transferpolitik 2017 für Schlagzeilen gesorgt, da viele Spieler für bisher unvorstellbare Summen eingekauft wurden. Hält diese Entwicklung an?
Nein, das Gegenteil ist der Fall. Die Regierung hat interveniert, da verschuldete Großkonzerne Unsummen in Spieler investiert haben, ohne dass mit diesen Investitionen kurz- oder mittelfristig Gewinn erzielt werden konnte. Außerdem wird über eine Gehaltsobergrenze diskutiert, sodass der Anreiz für Ausländer sinken wird, nach China zu wechseln.

Sie betreiben einen eigenen Blog zu Ihrem Forschungsthema und sind auch stark in den sozialen Medien präsent. Warum suchen Sie diese Form des Austausches?
Da mein Forschungsfeld ein recht junges ist, kann ich auf kein etabliertes Netzwerk zurückgreifen. Der Blog hilft mir, weltweit sichtbar zu sein und auf diesem Wege Kontakte zu Kooperationspartnern zu knüpfen.

Ich sehe mich als Wissenschaftler außerdem in der Verantwortung, Verständnis für komplexe Zusammenhänge zu vermitteln und eine Brücke zwischen der Forschung und der Öffentlichkeit zu schlagen. Ich will eine aktive Rolle im öffentlichen Diskurs übernehmen und das kann ich über die sozialen Medien erreichen.

Veröffentlicht

Dienstag
29. Mai 2018
13:47 Uhr

Von

Michaela Wurm

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