Serie Mehr als dicke Bücher
Stefanie Dipper lehrt Computerlinguistik an der RUB. © RUB, Marquard

Interview Methodisch neue Wege einschlagen

Als Computerlinguistin programmiert Stefanie Dipper viel und kombiniert in ihrem Forschungsalltag linguistisches Wissen mit statistischen Verfahren.

Prof. Dr. Stefanie Dipper hat am Sprachwissenschaftlichen Institut der Ruhr-Universität die Professur für Computerlinguistik inne.

Was meinen Forschungsalltag prägt:
Ich verbringe viel Zeit vor und mit dem Computer: Zum einen ist es in der Computerlinguistik üblich, dass quasi alle Veröffentlichungen online frei zur Verfügung gestellt werden, und ich lese inzwischen wissenschaftliche Artikel und Bücher nur noch im PDF-Format. Zum anderen programmiere ich viel, zum Beispiel Programme, die automatisch mittelalterliche Handschriften in modernes Deutsch übersetzen oder Metaphern in einem Text entdecken können – wie jetzt im Kontext des geplanten Sonderforschungsbereichs zum Thema „Metaphern der Religion“. Dabei spielen neben linguistischem Wissen vor allem vor allem statistische Verfahren eine zentrale Rolle. Ich finde es immer wieder faszinierend, welche Ergebnisse mit solchen Methoden erzielt werden können.

Wozu das gut ist:
Zum Teil münden diese Arbeiten in ganz praktische Anwendungen. Beispielsweise können automatische Übersetzungen das Lesen mittelhochdeutscher Texte erleichtern. Oft handelt es sich aber um Grundlagenforschung: Uns interessiert beispielsweise, welche linguistischen Merkmale für ein Phänomen wie Metaphern charakteristisch sind und inwieweit diese Merkmale für eine automatische Klassifikation und Interpretation genutzt werden können – wovon wiederum die Metaphernforschung profitieren kann.

Das für mich ärgerlichste Vorurteil über Geisteswissenschaftlerinnen und Geisteswissenschaftler ...
... ist, dass man sie nicht braucht. Dabei sind ihre Kompetenzen in kritischer Reflexion und konstruktiver Kommunikation unverzichtbar für die Konstitution eines gesellschaftlichen Selbstverständnisses.

In 15 Jahren werden die Geisteswissenschaften …
... methodisch neue Wege eingeschlagen haben und Programmier- und Statistikkenntnisse werden fester Bestandteil der Nachwuchsausbildung sein. Unser neues Studienfach VAMoS („Verarbeitung, Analyse und Modellierung natürlicher Sprache: Computerlinguistik – Psycholinguistik – Theoretische Linguistik“) vermittelt entsprechende Kompetenzen schon im Grundlagenbereich ab dem ersten Semester.

Veröffentlicht

Freitag
02. Juli 2021
09:07 Uhr

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