Veelasha Moonsamy ist akademische Rätin am Horst Görtz Institut für IT-Sicherheit der RUB.
© CASA, Björn Schreiber

IT-Sicherheit „Den eigenen Weg finden und gehen“

Ein Interview mit Veelasha Moonsamy zum Internationalen Tag der Frauen und Mädchen in der Wissenschaft.

Frauen sind in der Wissenschaft nach wie vor unterrepräsentiert. Dabei können sie gerade den Bereich der IT-Sicherheit mit innovativen Lösungen, neuen Ideen und wissenschaftlichen Spitzenleistungen bereichern. Höchste Zeit, am Internationalen Tag der Frauen und Mädchen in der Wissenschaft das Forschungspotenzial hochqualifizierter und gut ausgebildeter Frauen in den Vordergrund zu stellen.

In ihrer Reihe „Frauen in der IT-Sicherheit“ stellt das Exzellenzcluster CASA im Jahre 2022 spannende Frauen aus der IT-Sicherheit der RUB und ihre ganz eigenen Karrierewege vor. Eine von ihnen ist Veelasha Moonsamy, akademische Rätin am Horst Görtz Institut für IT-Sicherheit der RUB und forscht zudem als sogenannte Associated PI (Principal Investigator) bei CASA. Im Interview spricht sie über ihren Werdegang, ihre Erfahrungen und gibt Tipps für junge Forscherinnen.

Bei mir fing es in der Schule an.

Du hast dich für eine Karriere in der IT entschieden. Wie kam es dazu, dass du dich für ein Informatikstudium entschieden hast, wie bist du dazu gekommen?
Bei mir fing es in der Schule an. Ich bin in Mauritius aufgewachsen. Niemand in meiner Familie hatte etwas mit IT zu tun, ich hatte niemanden zu Hause oder in den Medien, der mich dazu inspirierte, mich mit Informatik zu beschäftigen. Ich habe nicht die typische Geschichte erlebt, die man oft von männlichen Gleichaltrigen hört, dass sie schon früh mit Computern zu basteln begannen. In der High-School, einer reinen Mädchenschule, hatte ich dann Informatikunterricht und sehr gute Vorbilder – und vor allem niemanden, der mir sagte, dass ich es nicht schaffen könnte oder dass ich in diesem Bereich keine Zukunft hätte.

Ich war so fasziniert und begeistert, dass ich mich nach der High-School für ein Informatikstudium entschied und den Studiengang IT-Sicherheit an der Deakin University in Australien wählte. Es war ein völlig neuer Studiengang, der damals angeboten wurde; er hatte etwas mit Recht und Forensik, Kryptografie und Mathematik zu tun, was sich nach einer spannenden Kombination anhörte.

Als ich jedoch an der Universität ankam und zum ersten Mal einen Hörsaal betrat, war ich völlig überrascht: Es waren 200 Leute im Raum und nur fünf davon waren Frauen. Das war der Moment, in dem ich anfing zu zweifeln. Ich fragte mich, ob ich in diesem Bereich eine Zukunft haben würde, wenn scheinbar nur wenige andere Frauen das Potenzial sahen, Informatik zu lernen. Damals wandte ich mich an die Dekanin, die mich an eine Professorin empfahl. Als wir uns trafen, erinnerte sie mich an genau die richtigen Dinge: warum Informatik für mich wichtig war und warum ich dort war. Dann sagte sie: „Wenn die Jungs es können, kannst du es auch, und wenn du es machen willst, dann mach es.“ Die Professorin wurde später meine Doktormutter.

Auch Vorbilder können sich im Laufe der Zeit ändern.

Du hast bereits über Vorbilder gesprochen – erzähle uns gerne mehr darüber: Welche Bedeutung hatten und haben Vorbilder für dich?
Vorbilder waren für mich persönlich ein Gewinn, weil sie mir gezeigt haben, dass ich auch in der IT-Branche eine Zukunft haben kann. Allerdings habe ich mich im Laufe der Jahre auch von Vorbildern inspirieren lassen, die nicht aus meinem weiblichen akademischen Umfeld kamen. Die ersten und wichtigsten Vorbilder waren für mich meine High-School-Lehrerinnen. Ich wollte so sein wie sie, so denken wie sie.

Man kann jedoch keinen Kurs darüber belegen, wie man gute Vorbilder oder Mentorinnen und Mentoren findet. Mein Rat an junge Forschende lautet: Fangt bei euch selbst an! Fragt euch, was ihr erreichen wollt und wer ihr sein wollt. Es ist gut, sich Ratschläge von anderen zu holen, aber letzten Endes liegt es an euch, euren eigenen Weg zu finden und zu gehen. Auch Vorbilder können sich im Laufe der Zeit ändern, und ich denke, es ist wichtig, auch nach Vorbildern außerhalb des IT-Bereichs zu suchen.

Was denkst du, inwieweit können Mentoring-Programme für die eigene wissenschaftliche Karriere hilfreich sein?
Im Allgemeinen denke ich, dass Mentoring-Programme gute Initiativen sind. Für mich geht es aber eher darum zu wissen, wann oder ob man eine Mentorin und Mentor braucht. Eine Mentor-Mentee-Beziehung kann man nicht erzwingen. Auf jeder Stufe einer akademischen Karriere gibt es unterschiedliche Herausforderungen. Oft liest man über den Erfolg anderer, aber es ist nicht sofort ersichtlich, welche Hindernisse sie überwinden mussten, um zu ihren Erfolgen zu gelangen. Es klingt, als wären die Dinge einfach passiert. Manchmal muss man die Dinge auch selbst in die Hand nehmen. Ich wusste zum Beispiel nicht, dass man einfach auf Leute zugehen und sie bitten kann, eine Mentorin und Mentor zu sein – bis man mir irgendwann in meiner frühen Karriere gesagt hat, dass das möglich ist.

Aus einer kleinen Initiative wurde ein offizieller IT Girls Club.

Es braucht auch Zeit, um ein Netzwerk aufzubauen. Nach und nach setzt es sich wie ein Puzzle zusammen. Gibt es Netzwerke, Initiativen oder Programme, die dir persönlich geholfen haben?
Ich habe unterschiedliche Erfahrungen mit Fakultäten und Universitäten gemacht. Einige von ihnen boten Workshops, spezielle Konferenzen oder andere karrierebezogene Programme an. Während meiner Doktorarbeit an der Deakin University wurde mir klar, dass sich etwas ändern musste: Ich war seit fünf Jahren dort, aber die Frauen waren im IT-Bereich immer noch in der Minderheit.

Es gab zwar ein Programm der Fakultät, um mehr Mädchen für den IT-Bereich zu gewinnen, aber keines, das von den Studierenden selbst initiiert wurde. Ich stellte meine Idee meiner Fakultät vor, und aus einer kleinen Initiative wurde ein offizieller IT Girls Club. Es war einfach großartig. Wir bauten unser eigenes Netzwerk auf und tauschten Erfahrungen aus, zum Beispiel wie es war, als Frau in einen Hörsaal zu gehen und gefragt zu werden, ob man am falschen Ort sei. Unser Ziel war es, einen sicheren Raum zu schaffen und Unterstützung zu bieten.

Heute würde ich jungen Forschenden raten, sich in einem ersten Schritt direkt bei Kolleginnen und Kollegen nach solchen Initiativen, Programmen und hilfreichen Mailinglisten zu erkundigen, da sie in solchen Fragen wahrscheinlich besser informiert sind und hilfreiche Hinweise geben können. Es ist schwierig, den Überblick zu behalten und alles zu lesen, was im Internet zu finden ist, um auf dem Laufenden zu bleiben. Denkt daran, dass der Aufbau eines Netzwerks Zeit braucht. Sehr oft müsst ihr den ersten Schritt selbst tun: Macht euch klar, was ihr erreichen wollt. Und: Denkt daran, dass nicht jeder Ratschlag, den ihr erhaltet, immer gut oder hilfreich für euch persönlich ist. Unterschiedliche Menschen haben unterschiedliche Erfahrungen gemacht.

Internationaler Tag der Frauen und Mädchen in der Wissenschaft

Der Internationale Tag der Frauen und Mädchen in der Wissenschaft wurde von der Generalversammlung der Vereinten Nationen (UN) im Jahr 2015 verabschiedet. Seitdem machen die Vereinten Nationen jedes Jahr am 11. Februar auf die Notwendigkeit einer gleichberechtigten Beteiligung von Frauen in Wissenschaft, Technologie und Innovation aufmerksam. UN-Women unterstreicht, dass oft strukturelle Gründe wie Geschlechterstereotypen oder die Vereinbarkeit von Familie und Wissenschaft es Frauen erschweren, eine Karriere in der Wissenschaft zu verfolgen.

Veröffentlicht

Freitag
11. Februar 2022
14:36 Uhr

Von

Annika Gödde

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