Serie Neu ernannt
Nadja Freund hat die Professur für Experimentelle und Molekulare Psychiatrie inne. © RUB, Marquard

Neurowissenschaft Nadja Freund möchte psychiatrische Erkrankungen frühzeitig erkennen

Bipolare Störung, Schizophrenie und Depression stehen dabei besonders im Fokus.

Prof. Dr. Nadja Freund hat seit Mitte Oktober 2023 die Professur für Experimentelle und Molekulare Psychiatrie inne. Von 2016 bis 2023 vertrat sie dieses Forschungsgebiet bereits als Juniorprofessorin. Nadja Freunds Arbeitsplatz ist sowohl an der Medizinischen Fakultät der Ruhr-Universität als auch am LWL-Universitätsklinikum Bochum angesiedelt.

Zusammenspiel von genetischen Faktoren und Umwelteinflüssen

„Die meiste Zeit verbringe ich aber im Zentrum für Klinische Forschung auf dem Campus“, erklärt die Neurowissenschaftlerin. Sie forscht über psychiatrische Erkrankungen wie Bipolare Störung, Schizophrenie und Depression. Sie möchte herausfinden, wie diese entstehen, wie man sie frühzeitig erkennt und behandelt. „Diese Erkrankungen werden häufig durch ein Zusammenspiel von genetischen Faktoren und Umwelteinflüssen hervorgerufen. Ziel unserer Arbeit ist es, diese Faktoren im Tier zu modellieren und daraus resultierende Veränderungen im Gehirn zu untersuchen.“

Im besten Fall sollen auf diese Art und Weise in den kommenden Jahren Modelle entstehen, die auf Menschen angewendet werden können. Große Hoffnung setzt Nadja Freund auf ein Modell für Bipolare Störung. Demnächst möchte sie ihre Zusammenarbeit mit den Bochumer Kliniken intensivieren, auch um erste Kontakte zu Patientinnen und Patienten herzustellen.

Mehr über die Forschung von Nadja Freund und ihrem Team

Ein charakteristisches Merkmal des Gehirns ist es, dass die beiden Hirnhälften (Hemisphären) unterschiedliche Aufgaben übernehmen. Die linke Hirnhälfte ist beispielsweise darauf spezialisiert, Sprache zu verstehen und zu generieren, während die rechte Hälfte für das Erkennen von Emotionen zuständig ist.

Bei psychiatrischen Erkrankungen ist diese Aufgabenteilung verändert und die beiden Hirnhälften arbeiten nicht optimal zusammen. Im Tiermodell untersucht das Team von Nadja Freund, wie Hemisphären-Spezialisierungen entstehen, welche Vorteile diese haben und welche Auswirkungen veränderte Spezialisierungsmuster haben.

Ein wichtiger Faktor bei der Erforschung psychiatrischer Erkrankungen ist das Immunsystem. Bereits eine Immunantwort der Mutter in der Schwangerschaft oder eine spätere chronische Aktivierung des Immunsystems kann die Anfälligkeit für psychiatrische Erkrankungen erhöhen.

Darüber hinaus führt das Forschungsteam pharmakologische Manipulation durch und setzt Lentiviren zur Generierung der Tiermodelle für unter anderem Bipolare Störung, Schizophrenie und Depression ein. Die Tiermodelle ahmen hierbei die möglichen Veränderungen, die im Gehirn von Patienten auftreten, nach oder versuchen die Ursachen, die zu den Erkrankungen führen, zu identifizieren.

Mit den im Forschungslabor gewonnenen Tiermodellen lassen sich psychiatrische Krankheiten besser nachvollziehen. Außerdem können bestimmte Verhaltensweisen, beteiligte Hirnregionen und entsprechende Therapiemöglichkeiten untersucht werden. Längerfristig sollen die Modelle dazu beitragen, optimale Behandlungs-, aber auch Diagnose- und Früherkennungsmethoden für psychiatrische Erkrankungen zu entwickeln.

Zu Beginn ihres Studiums in Bochum war nicht abzusehen, dass sich Nadja Freund heute mit psychiatrischen Erkrankungen beschäftigt. Sie studierte zunächst Biochemie. „Dann habe ich einen Vortrag von Professor Onur Güntürkün gehört und war fasziniert. Ich wollte unbedingt an seinem Lehrstuhl arbeiten.“ Das funktionierte auch: Nach einem Praktikum blieb Nadja Freund am Lehrstuhl für Biopsychologie und schrieb dort ihre Diplomarbeit in Biochemie.

Ich habe mich sofort wieder wohl gefühlt auf dem Campus.


Nadja Freund

Etwas später promovierte sie in Bochum in Psychologie, um anschließend ihrer Heimatuniversität vorübergehend den Rücken zu kehren. Sie verbrachte jeweils vier Jahre in Harvard und an der Universität Tübingen. Dann entdeckte sie zufällig die Stellenausschreibung für eine Juniorprofessur in Bochum. „Die Stelle passte genau zu meinem Profil“, erinnert sich Nadja Freund. „Beim Vorsingen habe ich mich sofort wieder wohl gefühlt auf dem Campus.“ Die Forscherin hebt explizit das angenehme Arbeitsumfeld hervor, nennt die RUB „inklusiv und kooperativ“.

Ihr Forschungsbereich, die Neurowissenschaft, ist zudem in Bochum sehr gut besetzt. Nadja Freund ist in einige der Projekte involviert, so beim gerade entstehenden Zentrum für Theoretische und Integrative Neuro- und Kognitionswissenschaft (THINK). Sie kooperiert weiterhin regelmäßig mit der Psychologie und hält die Verbindungen zu Biochemie und Biologie. Diese interdisziplinäre Herangehensweise, die zugleich ihren wissenschaftlichen Werdegang widerspiegelt, prägt auch die Lehre von Nadja Freund.

Zur Person
  • 2000 bis 2005: Studium der Biochemie an der Ruhr-Universität
  • 2005 bis 2009: Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für kognitive Neurowissenschaft der Ruhr-Universität
  • 2009: Promotion in Biopsychologie an der Ruhr-Universität
  • 2010 bis 2014: Research Fellow in Psychiatry am Department of Psychiatry der Harvard Medical School, Boston, USA, und Research Fellow am Laboratory of Developmental Neuropharmacology am McLean Hospital, Belmont, USA
  • 2014 bis 2017: Akademische Mitarbeiterin an der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Universitätsklinikum Tübingen
  • 2016 bis 2023: Juniorprofessorin für Experimentelle und Molekulare Psychiatrie, Ruhr-Universität/LWL-Universitätsklinikum, Bochum

Veröffentlicht

Mittwoch
24. Januar 2024
09:36 Uhr

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