Inklusion „Für die anderen Studierenden ist meine Behinderung kein großes Thema“
Lisa Clemens ist die erste querschnittsgelähmte Studentin der Sportwissenschaft an der Ruhr-Universität.
Seit knapp einem Jahr ist die Sportfakultät der Ruhr-Universität so etwas wie das zweite Zuhause von Lisa Clemens. Sie studiert im zweiten Semester Sportwissenschaft im 1-Fach Bachelor, ihr Ziel ist es, später als Trainerin zu arbeiten. Ihr Weg zum Wunschstudium war alles andere als einfach, denn die 21-jährige ist seit einem Verkehrsunfall auf einen Rollstuhl angewiesen.
„Ich habe mich nach dem Abitur für Jura in Bochum eingeschrieben, aber gleich gemerkt, dass das Studium nicht so wirklich zu mir passt“, berichtet Lisa. Durch einen Zufall wird sie auf das Angebot der Digitalen Hochschultage aufmerksam und erfährt in der Veranstaltung der Sportwissenschaft alles über Studienaufbau, den Eignungstest und Inhalte ihres Wunschstudiengangs.
Die für sie wichtigste Frage stellt sie ganz am Ende der Veranstaltung: Können auch Menschen, die im Rollstuhl sitzen, Sport studieren? Dr. Arno Krombholz ist in der Fakultät Ansprechpartner für Studieninteressierte mit einer Behinderung oder einer chronischen Erkrankung und berät Lisa im Anschluss an der Online-Veranstaltung ausführlich.
Bei der Festlegung der Richtwerte in den einzelnen Disziplinen im Eignungstest für Lisa orientiert sich die Fakultät an den Vorgaben für das Sportabzeichen für Menschen mit Behinderung. Lisa absolviert den Test im Sommer 2023 erfolgreich und ist seitdem fester Bestandteil der Fakultät. „Das Fakultätsgebäude und die Sportanlagen sind wirklich gut für mich zu erreichen, die sanitären Anlagen sind barrierefrei und mein Wohnheim ist in der Nachbarschaft“, erzählt Lisa.
Tanzpartner nutzt Rollstuhl für Prüfung
Neben der sportwissenschaftlichen Theorie steht für sie wie für die anderen Studierenden auch viel Sportpraxis auf dem Stundenplan. Im ersten Semester hat sie beispielsweise getanzt, ihr Partner hat sich für ihre Prüfungsleistung in einen Rollstuhl gesetzt und eine Choreografie mit ihr absolviert. „Für die anderen Studierenden ist meine Behinderung kein großes Thema. Natürlich kennen mich viele von ihnen, weil ich nun mal auffalle im Rollstuhl. Oft werde ich gegrüßt, ohne zu wissen, wo wir uns schon einmal begegnet sind“, erklärt Lisa.
Vor ihrem Unfall war Lisa Leichtathletin und hat Kinder in ihrem Heimatverein in Linnich trainiert. Dort ist sie auch weiterhin aktiv, mittlerweile zusätzlich in der Rolle als Wettkampfrichterin.
Im Fokus steht jetzt aber erstmal das Studium, damit verbunden auch das Erlernen neuer Sportarten wie Tischtennis oder Basketball. Die Fakultät hat erstmalig Sportrollstühle angeschafft, die Lisa im nächsten Semester zusammen mit ihren Kommilitoninnen und Kommilitonen in unterschiedlichen Sportarten ausprobieren wird.