
Seit dem 1. September besetzt Anna Neumaier am CERES die Professur für „Religionswissenschaft“.
Religionswissenschaft
Anna Neumaier untersucht den digitalen Einfluss auf die Religion
Die Forscherin hat dabei vor allem das Influencing in sozialen Netzwerken wie YouTube, Instagram und TikTok im Blick.
Wie verändert Influencing Gegenwartsreligion und Religiosität? Unter anderem damit beschäftigt sich Prof. Dr. Anna Neumaier. Seit dem 1. September 2025 besetzt sie am Centrum für Religionswissenschaftliche Studien (CERES) die Professur für „Religionswissenschaft“. Zuvor war sie drei Jahre lang als Juniorprofessorin am CERES tätig und hat den Studienbereich Religionssoziologie im Weiterbildungsstudium „Crossmediale Glaubenskommunikation“ der Ruhr-Universität geleitet.
Bereits während ihres Studium in Bremen und Leipzig verknüpfte Anna Neumaier Kultur- und Religionswissenschaft. Dass sie schließlich nominell in der Religionswissenschaft landete, verdankte sie einem Zufall. „Die erste für mich passende Promotionsstelle fand ich bei Prof. Dr. Volkhard Krech am CERES“, erklärt sie. Neumaiers Forschung mündete in die 2014 abgeschlossene Dissertation „Religion@home? Religionsbezogene Online-Plattformen und ihre Nutzung. Eine Untersuchung zu neuen Formen gegenwärtiger Religiosität“.
Die Menschen suchten bewusst nicht den Rat der gängigen Autoritäten in den Kirchen.
„Seinerzeit“, so die Wissenschaftlerin, „handelte es sich bei diesen Plattformen in erster Linie um Online-Foren, auf denen sich gläubige Menschen zu religiösen Themen austauschten – außerhalb ihrer Kirchengemeinden.“ In der Regel ging es dabei um Fragen der Lebensführung: Was darf ich als gläubiger Mensch machen und was nicht? „Die Menschen suchten dabei gezielt den Rat anderer Forennutzer und nicht den der gängigen Autoritäten in den Kirchen.“
Neben Forschungsschwerpunkten wie „Theorie und Transformation religiöser Vergemeinschaftung und religiöser Autorität“ oder „Religiöse Pluralisierung, interreligiöser Dialog und deren biografische Verarbeitung“ beschäftigt sie sich weiterhin mit digitalen Aspekten von Religion und Religiosität. Dies findet heutzutage nicht mehr in Online-Foren, sondern in sozialen Netzwerken statt. Anna Neumaier konzentriert sich unter anderem auf religiöses Influencing auf YouTube, Instagram und TikTok.
Religion wird mehr und mehr subjektbezogen, die Wahlfreit für einzelne Menschen wird größer.
Zusammen mit ihrem Team wertet sie dabei etwa Posts quantitativ nach Reichweite, Likes und Kommentaren aus, das Team interviewt aber auch die Menschen, die diese Posts lesen. Wie verändern die Posts ihre Religiosität, die Art, wie sie glauben oder woran sie glauben? „Mir geht es dabei sowohl um die Gesellschaft als auch das Individuum“, erklärt Neumaier. Dabei ist das, was online passiert, eng verknüpft mit Entwicklungen in der analogen Welt: „Die Befunde aus der Online-Forschung decken sich mit dem aktuellen Stand der religionswissenschaftlichen Forschung: Religion wird mehr und mehr subjektbezogen, die Wahlfreit für einzelne Menschen wird größer.“
Wenn aber der Einfluss des religiösen Influencing steigt, müsste das doch Folgen für traditionelle kirchliche Autoritäten haben. Dem geht Anna Neumaier ebenfalls nach, auch in der Lehre. So schickte sie in einem Lehrforschungsprojekt ihre Studierenden eine Woche lang in katholische Kirchengemeinden in Süddeutschland. Mittels Feldforschung sollten die Studierenden den Wandel von Religiosität allgemein, aber auch die Kirchenbindung innerhalb der Gemeinden untersuchen. „Solche Lehrforschungsprojekte sind auch in der Religionswissenschaft wirklich ein Erfolgsmodell, wenn es darum geht, fachliches Wissen, methodische Kompetenzen, kritische Reflektion von Wissenschaft und außerfachliche Skills zu vermitteln.“
Das CERES ist in Europa einer der größten und renommiertesten Standorte für Religionswissenschaft.
Anna Neumaier hat sich bewusst für Bochum entschieden. „Hier fühlen wir uns als Familie sehr wohl, und schätzen die Stadt und die Ruhr-Uni als offene und pragmatische Lebens- und Arbeitsumgebung“, sagt sie. „Hinzu kommt natürlich das Fachliche: Das CERES ist in Europa einer der größten und renommiertesten Standorte für Religionswissenschaft.“