Archäologie Auf Augenhöhe mit den Göttern
Weiß und erhaben sehen altgriechische Statuen nur für die Nachwelt aus. Zu ihrer Zeit waren sie farbig, trugen zum Teil sogar Schmuck und Kleider und waren den Menschen somit viel ähnlicher.
Erhaben, weiß und still: So sehen hellenistische Marmorstatuen aus, wenn wir ihnen im Museum begegnen, und so wurden sie auch im Klassizismus nachgeahmt. Doch zur Zeit ihrer Entstehung sahen sie ganz anders aus. „Ihre Steinoberflächen waren mit unterschiedlichen Strukturen versehen, farbig bemalt, trugen teils echte Kleidung, Schmuck oder Waffen aus Metall sowie vermutlich auch aus Holz und anderen Materialien“, weiß Dr. Clarissa Blume-Jung vom Institut für Archäologische Wissenschaften der Ruhr-Universität Bochum. Mit detektivischem Gespür findet sie dafür Beweise auf der Oberfläche des Steins. Darüber berichtet Rubin, das Wissenschaftsmagazin der Ruhr-Universität Bochum.
Ein neuer Geschmack
Im Mittelpunkt ihrer Arbeit stehen Objekte aus der Zeit zwischen ungefähr 323 bis 31 vor Christus. Vor dieser etwa 300 Jahre dauernden sogenannten hellenistischen Epoche hatte Alexander der Große sein Weltreich bis nach Indien, Afghanistan, Pakistan und Nordafrika ausgeweitet. Es bildete sich ein neuer Geschmack heraus. Die von Blume-Jung untersuchten Statuen zeigen zum Beispiel junge Frauen in reichen Gewändern, Athleten, Kinder, Herrscher oder Gottheiten und standen, je nach Funktion, in Heiligtümern, auf öffentlichen Plätzen oder auch in Häusern oder Gärten wohlhabender Familien.
Ohrlöcher als Indiz
Auf den ersten Blick wirken sie heute einfarbig. Schaut man aber genauer hin, sieht man bei einzelnen Exemplaren zum Beispiel, dass das Haar dunkler wirkt als das Gesicht. „Man kann deutlich erkennen, dass die Strähnen des Haars mit mindestens drei verschiedenen Braun- und Ockertönen bemalt sind – an manchen Stellen sind einzelne Pinselstriche sichtbar“, erklärt Clarissa Blume-Jung.
Bei manchen Statuen ist die dunkle Iris der Augen noch gut zu sehen. „Ergänzungen aus Holz oder anderen vergänglichen Materialien haben sich leider nicht über die vielen Jahrhunderte erhalten“, sagt Blume-Jung. „Und Metallverzierungen sind auch meistens nicht mehr da – vermutlich, weil man das Material für andere Zwecke brauchen konnte und eingeschmolzen hat.“ Dennoch ist die Forscherin überzeugt davon, dass es sie gab: „Wenn eine Statue durchgehende Ohrlöcher hat, kann man davon ausgehen, dass sie auch Ohrringe getragen hat“, so die Forscherin.
Hellblau und rosa waren in
„Die Farben waren meistens Naturpigmente“, so Clarissa Blume-Jung. „Besonders gern verwendete Farben waren in der hellenistischen Zeit Hellblau und Rosa, egal ob für Männer oder Frauen“, weiß sie. Unter UV-Licht kann sie den rosa Krapplack gut sichtbar machen. Für Blau verwendete man mitunter Azurit. Üblich war jedoch der Einsatz der künstlich hergestellten Farbe Ägyptisch Blau. Mithilfe von Infrarotfotografien (in der sogenannten VIL-Technik) kann man sogar Spuren der Farbe sichtbar machen, die das menschliche Auge ansonsten nicht mehr wahrnimmt.
Ausführlicher Artikel im Wissenschaftsmagazin Rubin