Einige Lebewesen lieben extreme Umweltbedingungen wie hohen Druck oder auch erhöhte Temperaturen, die beispielsweise in der Nähe von Hydrothermalquellen in der Tiefsee herrschen.
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Katalytische Prozesse Warum RNA-Moleküle in der Ursuppe sehr reaktiv gewesen sein könnten

Nicht nur Proteine, auch RNA-Moleküle könnten bei der Entstehung des Lebens wichtige katalytische Funktionen beigesteuert haben.

Die Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Roland Winter von der Fakultät für Chemie und Chemische Biologie der Technischen Universität Dortmund hat in Zusammenarbeit mit der Theoriegruppe von Prof. Dr. Dominik Marx an der RUB den Einfluss von Druck auf die Reaktivität eines Ribozyms untersucht. Ribozyme sind aktive Ribonukleinsäure-Moleküle in Zellen, die ähnlich den Enzymen auf Proteinbasis chemische Reaktionen verstärken, also katalysieren.

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler fanden heraus, dass in der Ursuppe – unter den Bedingungen, unter denen Leben entstanden sein könnte – Ribozyme besonders reaktiv sein können. Die Arbeit wurde in der renommierten Fachzeitschrift „Nature Communications“ publiziert.

Universeller Informationsspeicher

Für die Entdeckung der Ribozyme wurden Sidney Altman und Thomas Cech 1989 mit dem Nobelpreis für Chemie ausgezeichnet. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte man angenommen, dass in der Zelle ausschließlich Proteine katalytische Aktivität besitzen. Weitreichende Auswirkungen hat die Entdeckung der Ribozyme vor allem im Bereich der chemischen Evolution, das heißt für das Verständnis der Entstehung des Lebens, da sie die Hypothese einer RNA-Welt stützt. Diese Welt basierte auf Ribonukleinsäuren (RNA) als universellen Bausteinen zur Informationsspeicherung und zur Katalyse chemischer Reaktionen.

Das Leben auf unserer Erde könnte möglicherweise an Hydrothermalquellen und in vulkanischen Umgebungen in der Tiefsee, wo unwirtlich hohe Temperaturen und hohe Drücke vorherrschen, entstanden sein. Daher lag es für die Forscherinnen und Forscher nahe, dass diese extremen Bedingungen Reaktionen der Ribozyme beeinflussen. Genau dies wollten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler im Detail untersuchen. Sie wählten das Haarnadel-Ribozym, das in der Lage ist, sich selbst in eine brauchbare Länge zu schneiden. Damit können größere funktionelle RNA-Einheiten aufgebaut werden.

Durch Druck beschleunigt

Durch Kombination einer Reihe experimenteller und theoretischer Methoden konnten sie nachweisen, dass die eigentliche Reaktion des Ribozyms, der Katalyseschritt, in der Tat durch Druck drastisch beschleunigt werden kann. Die Ergebnisse zeigen weiterhin, dass der bislang wenig erforschte Parameter Druck effizient genutzt werden kann, um biokatalytische Reaktionen zu beschleunigen. Dahinter verbirgt sich ein großes Potenzial für biotechnologische Anwendungen.

Die Arbeit wurde im Rahmen der Forschergruppe FOR 1979 („Exploring the Dynamical Landscape of Biomolecular Systems by Pressure“), gefördert von der Deutschen Forschungsgemeinschaft, und des Exzellenzclusters Resolv (EXC 1069) durchgeführt.

Einerseits zielt ihre Forschung darauf ab, die Grenzen des Lebens unter Extrembedingungen aufzuspüren. Das untersucht die Forschergruppe, indem sie mithilfe verschiedener Experimente und Computersimulationen Informationen über die strukturellen, dynamischen und funktionellen Eigenschaften biomolekularer Systeme unter Extrembedingungen gewinnt – Bedingungen, wie sie beispielsweise in der Tiefsee vorherrschen, in der Organismen in zehn Kilometern Tiefe bei Drücken von 1.000 Atmosphären leben.

Andererseits wird der Einfluss der Lösungsmittelumgebung von Biomolekülen auf deren Struktur, Reaktivität und Wechselwirkungen untersucht, um dadurch besser zu verstehen, welche Lösungsmittelbestandteile effizient zur Stabilisierung von Biomolekülen eingesetzt werden können.

Die Universitätsallianz Ruhr

Seit 2007 arbeiten die drei Ruhrgebietsuniversitäten unter dem Dach der Universitätsallianz Ruhr  (UA Ruhr) strategisch eng zusammen. Durch Bündelung der Kräfte werden die Leistungen der Partneruniversitäten systematisch ausgebaut. Unter dem Motto „gemeinsam besser“ gibt es inzwischen über 100 Kooperationen in Forschung, Lehre und Verwaltung. Mit mehr als 115.000 Studierenden und nahezu 1.300 Professorinnen und Professoren gehört die UA Ruhr zu den größten und leistungsstärksten Wissenschaftsstandorten Deutschlands.

Originalveröffentlichung

Caroline Schuabb, Narendra Kumar, Salome Pataraia, Dominik Marx, Roland Winter: Pressure modulates the self-cleavage step of the hairpin ribozyme, in: Nature Communications, 2017: DOI: 10.1038/ncomms14661

Unveröffentlicht

Von

Martin Rothenberg

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