Katrin Grothus und Jonathan Hartmann haben sich an der antiken Dichtung ausprobiert. © RUB, Marquard

Forschendes Lernen Lateinisch dichten im Sauerland

Was würde Ovid schreiben? Dieser Frage haben sich Studierende der Klassischen Philologie in einem Masterprojekt gestellt.

Der antike Dichter Ovid ist vor 2.000 Jahren gestorben. Doch seine Werke wirken bis in die Gegenwart. Ein Masterkurs der Klassischen Philologie beschäftigte sich intensiv damit. Und ging dabei sogar über die reine Analyse der Texte hinaus. Die Studierenden erstellten selbst einen Text, den sie an die Dichtkunst Ovids anlehnten.

„Ovid verfasste Briefe von Frauen aus der Mythologie, die ihren abwesenden Männern schreiben. Die Aufgabe im Kurs war, einen Brief seiner Frau zu verfassen, der ihn im Exil erreicht“, so Jonathan Hartmann, der an dem Kurs „Epistula uxoris“ – übersetzt Brief der Gattin – teilnahm. Insgesamt entstanden 200 Verse lateinischer Dichtung, die die Studierenden aus vorhandenen Ovidtexten zusammentrugen beziehungsweise selbst dichteten.

Bevor wir dichten konnten, mussten wir in Ovids Werken recherchieren.


Jonathan Hartmann

Dafür lernten sie die Methode der Textrekonstruktion kennen. „Bevor wir dichten konnten, mussten wir in Ovids Werken recherchieren. Wie schreibt Ovid über seine Frau? Welchen Wortschatz hätte sie gewählt? Und welche Themen hätte sie in ihrem Brief angesprochen?“, erklärt Hartmanns Kommilitonin Katrin Grothus. Über die ganze Vorlesungszeit hinweg sammelten die Studierenden Verse, Themen und Informationen aus den vorhandenen Texten.

Die Ergebnisse aus den Einzelrecherchen fügten sie zu einem gemeinsamen Text zusammen, in dem es unter anderem um den Trennungsschmerz von Ovids Ehefrau geht. Zwei Tage hatten sie nur Zeit, um die einzelnen Themenblöcke miteinander zu verbinden und zu ergänzen. Um das gewaltige Arbeitspensum zu schaffen, trafen sich die Teilnehmer in einem Tagungshotel in Meinerzhagen im Sauerland.

Forschendes Lernen

Der Kurs „Epistula uxoris“, geleitet von Prof. Dr. Reinhold Glei, wurde vom Universitätsprogramm Forschendes Lernen gefördert. Das Programm unterstützt innovative Lehrkonzepte, die Studierende schon frühzeitig an die Forschung heranführen. Förderanträge können von Lehrenden und Studierenden gemeinsam gestellt werden. Die nächste Frist endet am 15. November 2017.

„Wir waren selbst in Verbannung, wie Ovid“, sagt Hartmann scherzend über die Exkursion. Im Vergleich zu Gruppenarbeiten auf dem Campus erkennt er allerdings Vorteile: „Ich habe mir zu Beginn des Seminars schon die Frage gestellt, warum der Workshop nicht in Bochum stattfindet. Aber dann habe ich gemerkt, wie produktiv und konzentriert wir dort arbeiten konnten.“ Grothus ging es bei der Gruppenarbeit ähnlich. „Um das Tagungshotel herum gab es nicht viel Ablenkung. Es war eine ganz andere Arbeitsatmosphäre als auf dem Campus“, sagt sie. 

Aktuell steht noch der Feinschliff an, danach soll das Ergebnis auch in den Druck gehen. Aber schon jetzt ist für Hartmann und Grothus klar, dass sie nicht nur den Text an sich aus dem Kurs mitnehmen. „In dem Kurs konnten wir aktiv mit der lateinischen Sprache arbeiten und uns in der lateinischen Dichtung ausprobieren. Das ist sonst im Studium nicht vorgesehen. Vielleicht werde ich in meiner Masterarbeit darauf zurückgreifen können“, sagt Grothus.

Auch für Hartmann ist die Methode der Textkonstruktion interessant gewesen. „Ich nehmen aus dem Kurs mit, dass man sich von bereits bekannten Methoden in seiner wissenschaftlichen Arbeit nicht einschränken lassen sollte. Man sollte immer bereit sein, darüber hinaus zu denken“, fasst er zusammen.

Veröffentlicht

Dienstag
24. Oktober 2017
09:10 Uhr

Von

Katharina Gregor

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