Sportwissenschaft Wie belastet die Top-Spieler in der Handball-Bundesliga sind
Um das Thema tobt eine emotionale Diskussion. Ob sie objektiv begründet ist, haben Bochumer Sportwissenschaftler untersucht.
Spieler und Trainer deutscher Handball-Spitzenvereine klagen über eine zu hohe Belastung in der Bundesliga. Stars wandern in ausländische Ligen ab, mit der Begründung, den Körper dort mehr schonen zu können. Jörn Uhrmeister, Fachleiter Handball an der RUB, hat mit den Sportwissenschaftsabsolventen Julian Falk und Fabian Hoffmann analysiert, was objektiv betrachtet hinter der Debatte steckt.
Mehr Spiele pro Saison in Deutschland
Das Fazit aus der Analyse der Spielzeiten 2013/14 bis 2015/16: Spieler der deutschen Top-Clubs aus Kiel, Flensburg und Mannheim, die in der Champions League und im nationalen Pokal weit kommen, bestreiten tatsächlich mehr Spiele pro Saison als die internationale Konkurrenz, die in vergleichbaren Wettbewerben mitmischt. Die Anzahl an Tagen, die zwischen zwei Spielen liegt, ist in Deutschland aber nicht geringer als in anderen Ligen, weil die Bundesliga-Saison länger dauert.
Größere Belastung durch neuen Champions-League-Modus
Die Sportwissenschaftler betonen: Eine nicht zu unterschätzende Mehrbelastung ist vor allem 2015 entstanden, als ein neuer Modus für die Champions League eingeführt wurde. „Allerdings hat sich die Belastung in den vergangenen zehn Jahren nicht so verändert, als dass das eine lang anhaltende emotionale Diskussion rechtfertigen würde“, sagt Jörn Uhrmeister.
Besonders belastet sind Spieler, die in internationalen Vereinswettbewerben antreten und für die Nationalmannschaft auflaufen. Durchschnittlich 21 Länderspiele pro Saison kommen zu den Vereinspartien hinzu; 2016, als sich das deutsche Team auch für Olympia qualifizierte, waren es sogar 30 Spiele.
Dominik Klein und Oliver Roggisch an der Spitze
Allerdings, so zeigt die Analyse, ist die Belastung zwischen 2008 und 2016 nicht signifikant gestiegen. Ex-Nationalspieler Dominik Klein absolvierte bereits in der Saison 2008/09 insgesamt 78 Spiele und ist damit Spitzenreiter im Untersuchungszeitraum – gefolgt von Oliver Roggisch, der zwischen 2008 und 2011 zweimal auf 77 und einmal auf 72 Einsätze pro Saison kam.
Das ist sportpolitischer Nonsens.
Jörn Uhrmeister
Nicht in die Analyse eingegangen ist die aktuelle Spielzeit 2017/18, in der es wiederholt Terminkonflikte gab, sodass die Mannheimer Rhein-Neckar-Löwen letztendlich am selben Tag und nahezu zeitgleich ein Champions-League- und ein Bundesliga-Spiel zu absolvieren hatten. „Damit muss man sich nicht trainingswissenschaftlich auseinandersetzen, um zu erkennen, dass das sportpolitischer Nonsens ist“, meint Uhrmeister. „Es ist ein Beleg, dass der internationale Handball dem Fußball administrativ bei Weitem noch nicht folgen kann.“