Biologie Die Speisekarte der fleischfressenden Wasserpflanzen

Extrem schnell schnappt die Wasserfalle zu. Gerade deswegen waren Forscher erstaunt, was sie alles in ihrem Inneren gefunden haben.

Nur 20 Millisekunden braucht die Wasserfalle, eine fleischfressende Wasserpflanze, um zuzuschnappen, nachdem ein Beutetier sie berührt hat. Was dabei alles auf ihrem Speiseplan steht, haben Forscherinnen und Forscher der RUB gemeinsam mit Kollegen aus Freiburg und Tschechien untersucht. Sie fanden 43 unterschiedliche Beutetierarten in den Schnappfallen der Pflanze. Von winzigen Wassermilben bis hin zu stattlichen Zuckmückenlarven war alles dabei – egal ob langsames Kriechtier oder schneller Schwimmer. Wie diese Speisekarte vor dem Hintergrund der Evolution zu bewerten ist, beschreibt das Team in der Zeitschrift „Integrative Organismal Biology“ vom 25. März 2019.

Angepasst an schnelle Schwimmer?

Die Wasserfalle, auch Aldrovanda vesiculosa genannt, funktioniert prinzipiell wie die an Land lebende Venusfliegenfalle. Das Unterwassermodell ist jedoch kleiner, schneller und verwendet eine etwas andere Mechanik. „Wir haben überlegt, ob die Schnappfallen von Aldrovanda eine evolutionäre Anpassung an schnell bewegliche aquatisch lebende Tiere sein könnten, die aus zu langsamen Fallen wieder entkommen würden“, sagt Martin Horstmann. „So vergrößert die Wasserfalle ihr Beutespektrum um zahlreiche flinke Schwimmer“, ergänzt Prof. Dr. Ralph Tollrian.

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Daher sammelten die Bochumer Forscher um Ralph Tollrian und Martin Horstmann vom Lehrstuhl Evolutionsökologie und Biodiversität der Tiere gemeinsam mit ihren Kooperationspartnern Proben der Wasserfallen aus acht verschiedenen Populationen in Deutschland und Tschechien. Sie untersuchten, welche Beutetiere sie darin fanden. „Die Wasserfalle hat keinerlei Präferenzen“, resümiert Martin Horstmann. „Sie fängt alles, was in ihrem jeweiligen Umfeld lebt.“ Das verwunderte die Forscher.

Was hineinpasst, wird gegessen

„Wir hatten vermutet, dass die Wasserfalle so schnell ist, weil sie sich im Zuge eines evolutionären Wettrüstens an schnell schwimmende Beutetiere angepasst hat“, erklärt Tollrian. Aber langsame Tiere verzehrt die Pflanze ebenso wie flinke Flitzer. Die Größe der Falle wirkt ebenfalls nicht als Filter. In kleinen Fallen fanden die Biologen auch große Beutetiere, solange sie hineinpassten, und umgekehrt.

Die Wasserfalle gilt mittlerweile als bedrohte Art, da ihre Lebensräume schwinden. Sie wächst in stark fragmentierten Habitaten. Möglicherweise ist ihr toleranter Speiseplan genau daran angepasst, vermuten die Forscher. „Wäre die Pflanze auf bestimmte Beutetiere spezialisiert, würde sie eventuell in ihrer Umgebung nicht genug Nahrung finden“, mutmaßt Martin Horstmann.

Kooperationspartner

Für die Studie kooperierten die Bochumer Forscherinnen und Forscher mit dem Team um Dr. Simon Poppinga von der Universität und dem Botanischen Garten Freiburg sowie mit dem Institut für Botanik der Tschechischen Akademie der Wissenschaften in Třeboň.

Originalveröffentlichung

Martin Horstmann, Lea Heier, Sebastian Kruppert, Linda C. Weiss, Ralph Tollrian, Lubomir Adamec, Anna Westermeier, Thomas Speck, Simon Poppinga: Comparative prey spectra analyses on the endangered aquatic carnivorous waterwheel plant (Aldrovanda vesiculosa, Droseraceae) at several naturalized microsites in the Czech Republic and Germany, in: Integrative Organismal Biology, 2019, DOI: 10.1093/iob/oby012

Veröffentlicht

Montag
25. März 2019
13:40 Uhr

Von

Julia Weiler

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