Die Preisträgerinnen Lisa Imhoff (zweite von links) und Lisa Höckel (zweite von rechts) mit Stifter Werner Deschauer (Mitte) und Brigitte Werners (links) und Michael Roos (rechts) von der Fakultät für Wirtschaftswissenschaft © RUB, Marquard

Wirtschaftswissenschaft Wie man beim Arzt lange Wartezeiten vermeidet

Ein Tool für effizientere Arztpraxen und überraschende Erkenntnisse über Migration haben zwei Wirtschaftswissenschaftlerinnen geliefert. Das ist preiswürdig.

Egal ob Hausarztpraxis oder OP-Trakt: Es gilt, schnell und sorgfältig zu behandeln, gut zu wirtschaften und das Personal nicht zu überlasten. Dabei können mathematische Optimierungsmodelle helfen, die Dr. Lisa Imhoff in ihrer Doktorarbeit entwickelt hat. Dr. Lisa Höckel stellt in ihrer Dissertation unter anderem fest, dass die Herkunft der Schwiegermutter das Arbeitsverhalten von Frauen beeinflusst. Für ihre Doktorarbeiten wurden die beiden mit dem diesjährigen Gebrüder-Deschauer-Preis 2019 ausgezeichnet.

Interessen unter einen Hut bringen

Im Gesundheitswesen kollidieren die Interessen von Patientinnen und Patienten, Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und Management: Die Patienten möchten zeitnah und sorgfältig behandelt werden. Für die Mitarbeiter gelten gesetzliche Anforderungen an die Arbeitszeit, es gibt aber auch individuelle Präferenzen wie Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Außerdem müssen die jeweiligen Einrichtungen wirtschaftlich arbeiten.

„Diese Interessen stehen nicht immer im Einklang miteinander, sodass Kompromisse gefunden werden müssen“, sagt Lisa Imhoff. Besonders schwierig wird es, weil häufig Entscheidungen getroffen werden müssen, ohne dass die Rahmenbedingungen im Vorhinein bekannt sind. Die Anzahl der Patienten, die behandelt werden müssen, schwankt, ihre individuellen Bedarfe sind unterschiedlich und die An- und Abwesenheit von Mitarbeitern muss auch noch berücksichtigt werden.

Die optimale Entscheidung berechnen

Methoden des Operations Research unterstützen Entscheidungsprozesse durch eine strukturierte Aufarbeitung der entsprechenden Situation und durch mathematische Modelle und Algorithmen, die die optimale Entscheidung berechnen. Lisa Imhoff hat verschiedene Optimierungsmodelle entwickelt und anhand von Simulationen auf ihre Anwendbarkeit in der Realität getestet. Für Hausarztpraxen konnte sie optimale Terminpläne berechnen, die eine ausgeglichene Belastung der Hausärzte und kurze Wartezeiten für die Patienten ermöglichen. Für den Operationstrakt im Krankenhaus bewertete und optimierte sie die Öffnungszeiten der Operationssäle.

Die Werte wandern mit

„Mich hat besonders interessiert, dass bei Migrationsbewegungen nicht nur Fachkräfte den Ort wechseln, sondern Menschen, die ihre eigenen durch ihre Herkunft geprägten Wertevorstellungen mit sich bringen“, sagt Lisa Höckel über ihre Motivation.

Sie konnte zeigen, dass unterschiedliche kulturelle Werte in den Herkunftsländern der Eltern die Arbeitsmarktbeteiligung, Berufswahl und das Einkommen von Immigranten der zweiten Generation beeinflussen. Darüber hinaus belegte sie, dass Geschlechterrollenverständnisse über Generationen hinweg einflussreich sind. „Wir konnten anhand von Daten aus den USA zeigen, dass US-amerikanische Frauen seltener selbst berufstätig sind, wenn ihre Schwiegermutter aus einem Land eingewandert ist, in dem es üblich ist, dass Frauen nicht arbeiten“, schildert Lisa Höckel. Für Schwiegerväter ließ sich dieser Zusammenhang nicht belegen, woraus die Forscherin folgert, dass die Mutter das Wertesystem ihres Sohnes maßgeblicher prägt.

Mehrsprachigkeit als Gewinn

Außerdem untersuchte die Wirtschaftswissenschaftlerin den Einfluss von Lehrkräften mit Migrationshintergrund auf die Schulleistungen von Kindern in Deutschland. Sie wies nach, dass Lehrkräfte mit Migrationshintergrund das Leseverständnis von Schulkindern positiv beeinflussen. „Bemerkenswert ist der Effekt dabei besonders für Lehrkräfte mit Migrationshintergrund, die nicht oder nicht ausschließlich Deutsch als Muttersprache angeben“, erläutert Höckel. „Sie erhöhen das Leseverständnis von Schulkindern mit und ohne Migrationshintergrund am deutlichsten.“

Veröffentlicht

Montag
11. November 2019
09:32 Uhr

Von

Meike Drießen

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