Arne Ludwig (links) und Andreas Wieck sind Experten für die hochpräzise Herstellung von Halbleiterproben. © RUB, Marquard

Kondo Screening Cloud Ausdehnung von quantenphysikalischem Phänomen erstmals gemessen

50 Jahre lang hatte sich der physikalische Effekt, der unter anderem der Supraleitung bei hohen Temperaturen zugrunde liegt, Größenmessungen entzogen.

Ein internationales Forschungsteam hat erstmals die Größe der sogenannten Kondo Screening Cloud bestimmt. Das quantenphysikalische Phänomen beschreibt ein Zusammenspiel von leitenden Elektronen mit Verunreinigungen im Material, das eine Reduktion des elektrischen Widerstands bewirkt. Dieser Kondo-Effekt liegt beispielsweise der Supraleitung bei hohen Temperaturen zugrunde. An der Veröffentlichung in der Fachzeitschrift Nature, online am 11. März 2020, waren Prof. Dr. Andreas Wieck und Dr. Arne Ludwig von Lehrstuhl für Festkörperphysik der RUB beteiligt. Federführend bei der Arbeit war das japanische Riken Center, weitere Partner kamen aus Hongkong, Korea und Tokio.

Elektronen verhalten sich wie Menschenmenge

Elektrischer Strom ist ein Fluss von negativ geladenen Elektronen, die von einem positiv geladenen Pol angezogen werden. „Analog kann man sich eine Menschenmenge vorstellen, die zu Fuß in Richtung eines Ladens mit speziellen Sonderangeboten strömt“, vergleicht Andreas Wieck. „Wenn unterwegs Masten von Straßenschildern im Weg stehen, müssen die Fußgänger ausweichen oder werden aufgehalten – dadurch bewegen sich weniger Menschen gleichzeitig in Richtung Laden.“ So ist es auch mit Elektronen, die im Material auf Verunreinigungen treffen. Dadurch wird der Widerstand erhöht, und der Stromfluss sinkt.

Beim Kondo-Effekt passiert, übertragen auf das Fußgängerbeispiel, Folgendes: Fußgänger in der Nähe der hinderlichen Masten formen eine Traube um das Hindernis und schirmen es ab – mit dem Ergebnis, dass andere Fußgänger das Vorhandensein der Masten gar nicht mehr bemerken, sondern frei daran vorbeilaufen können. Ebenso können Elektronen eine Wolke um eine Verunreinigung im Material bilden und diese maskieren – das ist eine Screening Cloud. In der Realität ist der Kondo-Effekt allerdings noch komplizierter und temperaturabhängig.

Experimentelle Messungen passen zu theoretischen Vorhersagen

In den vergangenen 50 Jahren gab es viele Versuche, die Ausdehnung der Kondo Screening Cloud zu bestimmen. Frühere vereinfachte Experimente hatten Werte im Nanometerbereich ermittelt, theoretische Berechnungen sagten jedoch eine Größe im Mikrometerbereich voraus. Die in dem Nature-Artikel beschriebenen neuen Experimente bestätigen nun die theoretischen Vorhersagen.

Veröffentlicht

Donnerstag
12. März 2020
09:20 Uhr

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