Corona „Ich bin fast ein bisschen traurig, dass es jetzt vorbei ist“
Betriebsärztin Kirsten Wiegand blickt auf die Impfkampagne der RUB zurück.
Es ist geschafft: An 17 Tagen von Juni bis August 2021 wurden insgesamt 3.637 Pflaster geklebt, 21.822 Unterschriften gesammelt, 58.192 Impfblätter gescannt und 40 Liter Desinfektionsmittel verbraucht. Die Impfkampagne der RUB kann durchaus als Erfolg gewertet werden. Wie die leitende Betriebsärztin, Dr. Kirsten Wiegand, diese Zeit erlebt hat, erzählt sie im Interview.
Das Veranstaltungszentrum zu einem Impfzentrum umzufunktionieren – wie haben Sie das gemacht?
Insgesamt haben wir uns am Ablauf und am Aufbau der Impfzentren in Nordrhein-Westfalen orientiert und dann haben ganz viele Hände mit angepackt, als wir aus Stellwänden, Tischen und Stühlen vier Impfstraßen – mit Checkin, Warteraum, Beratungsraum, Impfraum, Beobachtungsraum und Checkout – gebaut haben. So konnten parallel vier Ärzt*innen und Impfer*innen gleichzeitig arbeiten und wir in der Spitze 285 Impfungen innerhalb von fünf Stunden und 3.637 Impfungen insgesamt durchführen.
Das ist wirklich bewundernswert.
Dafür braucht man sicher eine Menge Personal …
Ja, insgesamt haben 71 Mitarbeitende der RUB geholfen – neben ihrer eigentlichen Tätigkeit. Das ist wirklich bewundernswert. Sie haben sich zumeist nach dem Aufruf im Serviceportal gemeldet, die Ärzt*innen kamen von der Medizinischen Fakultät und aus der Sportmedizin, wo die Resonanz auch unheimlich hoch war. Wir mussten keine Überzeugungsarbeit leisten, alle haben gerne mitgemacht – auch die Vorgesetzten, die ihre Mitarbeitenden bereitwillig für den Impfdienst freigestellt haben. Die Bereitschaft war total klasse! Wir hatten sogar einen externen Arzt, der sich nach dem WAZ-Bericht über die Impfkampagne der RUB bei mir gemeldet hat und sich ehrenamtlich zur Verfügung gestellt hat.
Wie haben Sie denn die Impfwilligen erlebt?
Durchweg nett und freundlich. Wir haben wirklich sehr viel Wertschätzung und auch sehr viel Dankbarkeit erlebt – vor allem, weil es ganz viele jüngere Impfwillige gab, die vor allem zu Anfang kaum Aussicht auf eine Impfung anderswo hatten und sich gefreut haben, durch uns so schnell eine Impfung zu bekommen. Man darf nicht vergessen: Als wir im Juni angefangen haben, herrschte ja noch Impfstoffknappheit.
War diese Impfstoffknappheit denn gleichzeitig auch die größte Herausforderung?
Im Prinzip ja, denn wir wussten anfangs nicht, wieviel Impfstoff wir bekommen würden und dementsprechend auch nicht, wie viele Termine wir vergeben konnten. Ich habe erst donnerstags Bescheid bekommen, wieviel Impfstoff der RUB zur Verfügung gestellt wird und erst dann konnten die Termine vergeben werden.
Die zweite große Herausforderung war die Art des Impfstoffs, der anders war als alle Vakzine, die ich bisher verimpft hatte. Normalerweise bekomme ich fertig gemischte Einzeldosen, beispielsweise bei der Grippeschutzimpfung. Beim Biontech-Impfstoff ist es so, dass ein Fläschchen, das sogenannte Vial, sechs Dosen enthält und noch zusätzlich mit einer bestimmten Menge Kochsalzlösung gemischt werden muss. Erst dann kann es aufgezogen werden und innerhalb von sechs Stunden verimpft werden.
Die Atmosphäre war richtig klasse.
Neben diesen Herausforderungen gab es doch aber sicher auch schöne Momente?
Die gab es auf jeden Fall. Der schönste Moment war wahrscheinlich der, als wir wussten, dass wir tatsächlich alle Impfinteressierten bedienen können, weil das im Vorfeld auch die größte Unsicherheit war.
Was auch toll war, war die Zusammenarbeit mit allen Helferinnen und Helfern, die über die Zeit gewachsen ist. Das hat natürlich die tägliche Arbeit im Impfzentrum erleichtert, weil die Atmosphäre richtig klasse war, aber vor allem hat es auch viele neue persönliche Kontakte geschaffen. Ich bin fast ein bisschen traurig, dass es jetzt vorbei ist und glaube, dass diese Zeit, obwohl sie wirklich arbeitsintensiv und stressig war, rückblickend die schönste in meiner RUB-Zeit ist und sein wird.
Zum Abschluss: Was möchten Sie den Menschen sagen, die sich bisher (noch) nicht haben impfen lassen?
Ich denke, dass wir in Deutschland eine Solidargemeinschaft sind und auch an die Menschen denken müssen, die sich nicht impfen lassen können oder aufgrund eines beeinträchtigten Immunsystems keinen Impfschutz aufbauen können. Deshalb betrifft die Frage nach einer Impfung aus meiner Sicht nicht nur die eigene Person, sondern auch Dritte. Mit anderen Worten: Die eigene Impfung schützt auch andere. Und nur mit einer guten Durchimpfungsquote werden wir gut durch den Herbst und Winter kommen und uns gemeinsam die dringend benötigte Normalität zurückholen können.