Das Team des Verbundes, der im Oktober 2021 seine Arbeit aufnehmen wird (v.l.): Prof. Dr. Alexandra Cuffel, Ulf Plessentin (beide CERES/RUB), Prof. Dr. Nicola Brauch (Geschichtsdidaktik/RUB), Volker Beck (Tikvah Institut), Dr. Sarah J. Jahn (HSPV), Dr. Marcel Mierwald (Geschichtsdidaktik/RUB), Jonna-Margarethe Mäder (CERES/RUB) © Michael Schwettmann

Antisemitismusforschung Polizei und Lehrkräfte gegen Antisemitismus professionalisieren

Staatsbedienstete sollen Antisemitismus entgegenwirken, werden darauf aber bisher kaum ausreichend vorbereitet. Ein neuer Forschungsverbund befasst sich nun mit dieser Thematik.

Über welches Wissen sollten künftige Staatsbedienstete im Schul- und Polizeidienst verfügen, um Antisemitismus in ihrem Arbeitsumfeld aktiv entgegenwirken zu können? Und wie kann ihr Wissensstand zum Thema, mit dem auch individuelle Einstellungen verbunden sind, erhoben und gemessen werden? Welche Art von Argumentationstraining kann dazu beitragen, die notwendigen Fähigkeiten der Zielgruppe schon während der Ausbildung zu professionalisieren? Diesen Fragen widmet sich das interdisziplinäre Team des Forschungsverbundes EMPATHIA³ unter Leitung von Prof. Dr. Nicola Brauch, Geschichtsdidaktikerin an der Ruhr-Universität Bochum (RUB). Als eines von zehn bundesweiten Vorhaben wird er vom Bundesforschungsministerium in der Förderline „Aktuelle Dynamiken und Herausforderungen des Antisemitismus“ für vier Jahre gefördert. Anfang Oktober 2021 beginnt der Verbund seine Forschungsarbeit.

Antisemitismus erkennen

Antisemitismus ist in der Schule und in der Öffentlichkeit ein verbreitetes Phänomen. Staatsbediensteten wie Lehrkräften und der Polizei kommt die Aufgabe zu, bei Antisemitismus zu intervenieren. Aber um Beweggründe und Ziele von Taten überhaupt als antisemitisch deuten zu können, benötigen diese Berufsgruppen thematisches Wissen: Welche Argumentationsmuster werden zur Untermauerung von antisemitischen Positionen benutzt? Welche Verbindungen weisen beispielsweise Pandemie-Verschwörungsmythen zum Antisemitismus auf? Welche Emoji-Symbole werden in jüngster Zeit antisemitisch benutzt? Es gilt daher, künftige Staatsbedienstete bestmöglich auf den Kontakt mit den verschiedenen Formen des Antisemitismus vorzubereiten.

Hier setzt das Projekt „Empowering Police Officers and Teachers in Arguing Against Antisemitism“ (EMPATHIA³) an: Das Team entwickelt, implementiert und evaluiert ein Kerncurriculum für die Ausbildung künftiger Polizist*innen und Lehrer*innen, damit diese präventiv und repressiv Antisemitismus begegnen können. Dazu werden im Rahmen eines psychometrisch abgesicherten digitalen Large-Scale-Tests zuerst die Einstellungen und das Wissen zu den Themen Antisemitismus und jüdisches Leben von den Zielgruppen erfasst. So kann das Curriculum besser zugeschnitten werden. Darüber hinaus lernen die Polizei- und Lehrkräfte, wie sie bei Antisemitismus angemessen intervenieren.

Ausbildung bereitet bisher kaum vor

Für Verbundleiterin Prof. Dr. Nicola Brauch liegt darin die besondere Herausforderung: „Historisches Orientierungswissen bleibt träge, wenn es sich nicht mit Wissen über gegenwärtige Erscheinungsformen von Antisemitismus verbindet. Doch gerade diese Verbindung scheint vielen Lehrkräften und Polizist*innen in ihrem Arbeitsalltag schwer zu fallen. Das ist wenig verwunderlich, denn in der Ausbildung wird bislang kaum auf den Umgang mit kritischen Vorfällen und Präventionsarbeit vorbereitet. An dieser Schnittstelle von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft setzt unser interdisziplinäres Projekt an. Ausgehend von einer empirischen Erforschung aktueller Erscheinungsformen von Antisemitismus, werden wir ein basales Curriculum und ein daran orientiertes Argumentationstraining für unsere Zielgruppen erarbeiten und evaluieren.“

Kooperationspartner

An der RUB sind am Verbundprojekt EMPATHIA³ die Geschichtsdidaktikerin Prof. Dr. Nicola Brauch von der Fakultät für Geschichtswissenschaften und die Judaistin Prof. Dr. Alexandra Cuffel vom Centrum für Religionswissenschaftliche Studien (CERES) beteiligt.

Am Verbund beteiligte Partner sind das Hector Institut für Empirische Bildungsforschung der Universität Tübingen (Prof. Dr. Ulrich Trautwein), das Zentrum für Prävention und Intervention im Kindes- und Jugendalter der Universität Bielefeld (Dr. Marc Grimm), die Hochschule für Polizei und Öffentliche Verwaltung Nordrhein-Westfalen in Gelsenkirchen (Dr. Sarah Jahn) sowie als zivilgesellschaftlicher Partner das Tikvah Institut gUG Berlin (Volker Beck, Deidre Berger). Durch ihre unterschiedlichen disziplinären Zugänge zum Thema verknüpfen die Partner in ihrer gemeinsamen Arbeit Grundlagenforschung mit anwendungsorientierter Forschung. Das Projekt hat einen Beirat und zahlreiche Praxispartner aus Zivilgesellschaft, Polizei- und Lehrerbildung. Die Forschungsarbeit wird dadurch von jüdischen Institutionen, Polizei- und Lehrerverbände begleitet.

Pressekontakt

Ulf Plessentin
Centrum für Religionswissenschaftliche Studien
Ruhr-Universität Bochum
Tel.: +49 234 32 22056
E-Mail: ulf.plessentin@rub.de

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Veröffentlicht

Donnerstag
09. September 2021
10:10 Uhr

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