Chemisch veränderte Rocaglamide hindern bestimmte Viren an der Vermehrung. © Abteilung für Molekulare und Medizinische Virologie

Virologie Chemisch veränderte Pflanzenstoffe wirken gegen das Hepatitis-E-Virus

Rocaglamide aus Mahagonipflanzen wecken die Hoffnung auf die Entwicklung eines antiviralen Medikaments.

Das Hepatitis-E-Virus (HEV) ist weit verbreitet, und bisher gibt es kein wirksames Medikament. Auf der Suche danach sind die sogenannten Rocaglamide in den Fokus gerückt: Pflanzenstoffe, die die Vermehrung von Viren hemmen können. Forschende der Abteilung für Molekulare und Medizinische Virologie der RUB haben eine Bibliothek chemisch veränderter Rocaglamide auf ihre antivirale Wirkung untersucht, die ein Team aus Boston erstellt hat. Dabei stach besonders eine Gruppe von Wirkstoffen hervor, die über eine sogenannte Amidino-Gruppe verfügt. Sie hemmte die Virenvermehrung besonders effektiv. Das Team um Dimas F. Praditya, Mara Klöhn und Prof. Dr. Eike Steinmann berichtet in der Zeitschrift Antiviral Research vom 18. Juni 2022.

Hepatitis E

Das Hepatitis-E-Virus ist der Hauptverursacher akuter Virus-Leberentzündungen. Jährlich erkranken weltweit geschätzt 20 Millionen Menschen daran, rund 70.000 von ihnen sterben.

Akute Infektionen heilen bei Betroffenen mit intaktem Immunsystem normalerweise von selbst aus. Bei Personen mit reduziertem oder unterdrücktem Immunsystem wie Organtransplantatempfängern oder HIV-infizierten Patienten kann HEV chronisch werden. Auch für schwangere Frauen ist HEV besonders bedrohlich. Ribavirin ist der einzige bisher im Einsatz befindliche Wirkstoff, der aber nicht in allen Fällen wirkt.

Pflanzenstoffe hemmen die Vermehrung von Krebszellen und Viren

Rocaglamide sind eine Gruppe von pflanzlichen Stoffen, die von verschiedenen Mahagonipflanzen produziert werden. Es ist bekannt, dass sie eine hemmende Wirkung auf die Vermehrung mancher Krebszellen besitzen. Erst 2008 wurden erstmals Erkenntnisse über ihre antivirale Wirkung gegen RNA-Viren veröffentlicht: So können sie zum Beispiel die Vermehrung von Ebolaviren, HEV, Zikaviren oder auch Sars-Cov-2 hemmen.

Dr. Daniel Todt und Mara Klöhn vom Team der Abteilung für Molekulare und Medizinische Virologie der RUB im Botanischen Garten, wo auch Mahagonigewächse gedeihen, die Rocaglamide produzieren. © Abteilung für Molekulare und Medizinische Virologie

Das Bostoner Team um Prof. Dr. John Porco Jr. hat eine Bibliothek von Rocaglamiden mit verschiedenen chemischen Veränderungen erstellt. „Die Kernstruktur der insgesamt 205 Substanzen ist immer gleich, und daran wurden verschieden große oder flexible chemische Gruppen angehängt“, erklärt Mara Klöhn. Diese 205 Substanzen hat die Bochumer Gruppe auf ihre Wirksamkeit gegen HEV in Zellkultur getestet.

Veränderte Rocaglamide wirken stärker als naturbelassene

Wie stark eine Substanz die Vermehrung der Viren hemmt, geben die Forschenden mittels einer sogenannten mittleren inhibitorischen Konzentration an. Je niedriger sie ist, umso besser wirkt die Substanz. „Die mittlere inhibitorische Konzentration unserer drei besten getesteten Rocaglamide liegt zwischen 0,5 und 3 nanomolar“, berichtet Mara Klöhn. „Zum Vergleich: Der des natürlichen Rocaglamids Silvestrol liegt bei drei bis sieben nanomolar.“ Eine Gemeinsamkeit der Top-3-Rocaglamide ist eine angehängte Amidino-Gruppe.

Veröffentlicht

Montag
27. Juni 2022
09:20 Uhr

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