Pellens-Universitätspreis 2020 Abschlussprüfung, Aktionärsrechte und Finanzberichterstattung
Sechs einzelne Beiträge machen die prämierte Habilitationsschrift von André Schmidt aus. In allen geht es um Institutionen der deutschen Corporate Governance.
Am 14. Dezember 2020 wurde erstmals der Pellens-Universitätspreis vergeben: Ausgezeichnet wurde Dr. André Schmidt für seine Habilitationsschrift zum Thema „Institutionen der deutschen Corporate Governance – Abschlussprüfung, Aktionärsrechte und Finanzberichterstattung“. Die Verleihung des Preises übernahmen der Stifter des Preises, Prof. Dr. Bernhard Pellens, Inhaber des Lehrstuhls Internationale Unternehmensrechnung der Ruhr-Universität Bochum (RUB), und der geschäftsführende wissenschaftliche Direktor des Instituts für Unternehmensführung der RUB, Prof. Dr. Thorsten Knauer.
Die Qualität der Abschlussprüfung
Die Habilitationsschrift von André Schmidt besteht aus sechs einzelnen Arbeiten, die er teils in Zusammenarbeit mit Ko-Autoren verfasst hat. In zwei Beiträgen beleuchtet er die Sicht deutscher Prüfungsausschussvorsitzender auf die – nicht zuletzt im Zuge des Wirecard-Skandals beanstandete – Qualität der Abschlussprüfung. André Schmidt wertete dazu 23 semi-strukturierte Interviews mit Prüfungsausschussvorsitzenden deutscher börsennotierter Unternehmen aus und untersuchte, wie die Interviewteilnehmer Prüfungsqualität definieren, messen und welche Maßnahmen sie ergreifen, um ein hohes Qualitätsniveau sicherzustellen. „Besondere Relevanz messen Prüfungsausschussvorsitzende einem vom Management unabhängigen, hochqualifizierten Abschlussprüfer bei“, so der Preisträger. In der zweiten Studie dokumentiert er über einen qualitativen Forschungsansatz einen neuartigen Mechanismus, über den Prüfungsausschussvorsitzende versuchen, sogenannte audit quality outcomes in Form extremer Ermessensentscheidungen des Managements zu beeinflussen.
Das Verhalten von Privatanlegern
Zwei weitere Studien befassen sich mit dem Verhalten und den Präferenzen von Privatanlegern und stellen die Bedeutung von Aktionärsrechten in den Mittelpunkt. Auf Grundlage einer Befragung von mehr als 400.000 Privatanlegern hat André Schmidt herausgearbeitet, dass insbesondere Privatanleger mit besseren kognitiven Ressourcen ihr Aktionärsstimmrecht ausüben. „Diese Ressourcen manifestieren sich insbesondere in einem höheren Bildungsniveau, besseren Finanzkenntnissen sowie einer größeren Erfahrung hinsichtlich der Aktienanlage“, so Schmidt. Mit Blick auf die Ausschüttungspräferenzen von Privatanlegern zeigt sich, dass diese nicht indifferent sind zwischen Dividenden und Kurssteigerungen: Es gibt einen Zusammenhang zwischen verschiedenen persönlichen Charakteristika und den Ausschüttungspräferenzen der Befragungsteilnehmer.
Informationsgehalt der Finanzberichterstattung
Die beiden weiteren Studien drehen sich um den Informationsgehalt der Finanzberichterstattung aus Eigen- und Fremdkapitalgebersicht. In der ersten Studie analysiert André Schmidt den freiwilligen Wechsel von der Quartalsfinanzberichterstattung zu Quartalsmitteilungen auf die Informationsasymmetrie am Kapitalmarkt. Die Ergebnisse zeigen, dass die Informationsasymmetrie bei Unternehmen, die zur Quartalsmitteilung wechseln, vergleichsweise höher ausfällt. Im zweiten Beitrag untersucht Schmidt auf Grundlage von Archivdaten empirisch, ob sich durch Verwendung zeitlich geglätteter und branchennormierter Finanzkennzahlen die Anpassungsgüte von Ratingreplikationsmodellen verbessert. Ausgangspunkt dieser Forschungsfrage ist, dass Ratings für die Finanzierungskonditionen von Unternehmen von hoher Bedeutung sind und verschiedene Stakeholder daher an einer möglichst frühzeitigen und treffgenauen Rating-Prognose interessiert sind. Das Ergebnis: Die Verwendung branchennormierter im Vergleich zu nicht branchennormierten Finanzkennzahlen liefert eine systematisch höhere Prognosegenauigkeit.