Forschungsförderung Zwei neue ERC Advanced Grants an der RUB
Biopsychologe Onur Güntürkün und Philosoph Heinrich Wansing erhalten die begehrte EU-Förderung.
Das Gehirn von Vögeln ist vollkommen anders strukturiert als das von Säugetieren. Wie es funktioniert will Prof. Dr. Dr. h. c. Onur Güntürkün, Biopsychologe an der Ruhr-Universität Bochum (RUB), herausfinden. Der Philosoph Prof. Dr. Heinrich Wansing stellt sich der Herausforderung widersprüchlicher Logiken, die einen rigorosen Bruch mit der aristotelischen Tradition verlangen. Beide Forscher werden bei ihren Vorhaben vom European Research Council (ERC) für die kommenden fünf Jahre mit einem Advanced Grant gefördert. Der ERC Advanced Grant wird an erfahrene Spitzenforschende verliehen, die herausragende wissenschaftliche Arbeit geleistet haben und neue Forschungsgebiete erschließen wollen.
Das Denken der Vögel
Wie entsteht das Denken in einem Gehirn, das so vollkommen anders strukturiert ist, als das von uns Säugetieren? Einige Vögel wie zum Beispiel Krähen schaffen es, mit viel kleineren und anders aufgebauten Gehirnen ähnliche kognitive Leistungen zu erbringen wie Schimpansen. Wie schaffen sie das? Im ERC-Projekt „Avian Mind“ will Onur Güntürkün Teile dieser Frage beantworten.
Dabei verlegt er seinen Forschungsfokus weg von der Analyse einzelner Hirnregionen hin zu einer Sicht, dass, je nach Denkprozess, wechselnde Netzwerke des Vorderhirns den Schlüssel zum Verständnis der Kognition besitzen. Um diese Netzwerke zu identifizieren, will er eine Methode verwenden, die im vergangenen Jahr in der Bochumer Biopsychologie entwickelt wurde. Hierbei kann man Tauben im Tier-Magnetresonanztomografen des RUB Neuroscience Research Centers untersuchen, während sie schwierige Denkaufgaben lösen. Dadurch können mit hoher räumlicher Auflösung Netzwerke des Denkens identifiziert werden.
Mit der gleichen Methode, aber kombiniert mit der Analyse einzelner Nervenzellen plant er anschließend zu verstehen, wie Bewusstsein und Handlungsintentionen im Vogelgehirn entstehen. In weiteren Experimenten soll zudem die Hypothese getestet werden, dass Vögel auf andere Art und Weise Gedächtnis bilden als wir. „Diese Studien werden die Tür aufstoßen um zu verstehen, wie ein anders aufgebautes, aber extrem leistungsfähiges Gehirn organisiert ist“, so der Forscher.
Widersprüchliche Logiken
Im 20. Jahrhundert wurden zahlreiche Systeme der nicht-klassischen Logik entwickelt, darunter auch inkonsistenztolerante Logiken, die typischerweise alle Teilsysteme oder sprachliche Erweiterungen der klassischen Logik sind. Es existieren jedoch logische Systeme, die sich insofern radikal von der klassischen Logik unterscheiden, als dass sie nicht nur inkonsistenztolerant sind, sondern nicht-trivial aber widersprüchlich. Diese Logiken stehen in eklatantem Gegensatz zur logischen Orthodoxie seit Aristoteles, der das Prinzip der Nicht-Widersprüchlichkeit als das sicherste aller Prinzipien bezeichnete. Nicht-triviale widersprüchliche Logiken erlauben nicht nur Inkonsistenzen in Theorien, sondern enthalten beweisbare Widersprüche.
Das ERC Projekt „Contradictory Logics: A Radical Challenge to Logical Orthodoxy“ von Heinrich Wansing stellt sich der Herausforderung dieses rigorosen Bruchs mit der aristotelischen Tradition, indem es systematisch kontradiktorische Logiken untersucht und entwickelt. Wenn bereits die einer wissenschaftlichen Theorie zugrunde liegende Logik beweisbare Widersprüche aufweist, erfordert dies einen Paradigmenwechsel in unserem Verständnis respektabler logischer Systeme und akzeptabler wissenschaftlicher Theorien. Ziel des Projektes ist es, ein tiefgreifendes Verständnis bestimmter nicht-trivialer inkonsistenter logischer logische Systeme zu erlangen.