Der Motor versteckt sich bei modernen E-Bikes unauffällig im Rahmen.
© RUB, Marquard

Mobilität Ja, wo fahren sie denn?

Ob E-Bikes wirklich einen Beitrag zum Umweltschutz darstellen und wie sich die Technologie, die in den Rädern steckt, verändert.

Anfangs hatten sie noch das Image des „Alte-Leute-Rades“, doch das ist längst vorbei: Der Markt für E-Bikes boomt. 2018 wurden in Deutschland 4,2 Millionen Fahrräder verkauft. Davon hatten 980.000 einen Elektromotor. Im Blue Square berichtet Maschinenbauer Prof. Dr. Peter Tenberge über alles, was man zu dem Thema wissen muss. Vorab gibt er hier schon ein paar Tipps und Hinweise.

Herr Tenberge, die Zahl der E-Bikes auf unseren Straßen hat in den vergangenen Jahren rasant zugenommen. Sind wir einfach zu bequem geworden, um auf herkömmlichen Fahrrädern kräftig in die Pedale zu treten oder wo liegen weitere Vorteile der motorisierten Zweiräder?
Die Zahl der E-Bikes ist in den letzten zehn Jahren von nahe Null auf heute über eine Million E-Bikes pro Jahr nur in Deutschland angestiegen. Die Leute mögen also nachweislich die Art der Fahrräder und sind auch bereit, die wesentlich höheren Preise dafür zu bezahlen.

Zu Beginn dieser Entwicklung waren es tatsächlich eher die älteren Menschen, die durch die elektrische Unterstützung vor steilen und anstrengenden Passagen einer Radtour keine Angst mehr zu haben brauchten. Die Angst vor Schmerzen hatte diese Kundengruppe zu diesem Zeitpunkt davon abgehalten, überhaupt loszufahren, obwohl sie eigentlich gerne mit dem Radfahren wollten.

Die Batteriekapazitäten waren damals aber nicht ausreichend, um große Touren dauerhaft unterstützt zu fahren. Aber das war für die meisten Nutzer und Nutzerinnen auch gar nicht nötig.

Sportliche Fahrer auf normalen Rädern trafen nun auf den Radwegen auf ältere Herrschaften, von denen sie völlig entspannt und flott überholt wurden. Das machte die Jüngeren neugierig auf diese Technik.

Wenn sie einmal ein gutes E-Bikes gefahren sind, dann wollen die meisten nicht mehr anders Radfahren. Auf einem E-Bike können sie sich genauso austoben wie auf jedem anderen Rad. Sie kommen aber viel weiter und können selbst genau einstellen, ob sie sich austoben wollen oder auch nicht.

Mittlerweile gibt es elektrisch unterstützte Antriebe in City-Rädern, Trekking-Rädern, Mountain-Bikes und sogar Rennrädern.

Autos, Fahrräder, Roller: Alles fährt heutzutage mit Strom. Der kommt allerdings noch oft aus Kohlekraftwerken. Sind die neuen Fortbewegungsmittel also wirklich ein effizienter Beitrag zum Umweltschutz?
Mit meinem E-Bike und einer entspannten Fahrweise bei einem körperlichen Einsatz wie auf einem normalen Rad komme ich mit einer Batterieladung von 500 Wattstunde etwa 200 Kilometer weit. Mit einem Mittelklasseauto verbrauche ich über 200 Kilometer ungefähr 12 Liter Kraftstoff. Das sind bei einem Benziner dann etwa 8,9 Kilogramm Kraftstoff. Bei einem mittleren spezifischen Verbrauch von 0,3 Kilogramm pro Kilowattstunde sind das rund 30 Kilowattstunden Energie. Mit dem Auto verbrauche ich also etwa 60-mal so viel Energie wie mit dem Rad.

Natürlich bin ich mit dem Auto schneller und bei schlechtem Wetter viel bequemer unterwegs und kann auch mehr Nutzlast oder Mitfahrer mitnehmen. Deshalb behalte ich im Moment noch mein Auto. Aber jeder Kilometer Radfahren, der eine Autofahrt ersetzt, ist ein wertvoller Beitrag für den Umweltschutz und auch für die Gesundheit der Radfahrer.

Durch die höheren Stückzahlen und den starken Wettbewerb können auch die Preise sinken.

Wie hat sich die Technologie der E-Bikes in den vergangenen Jahren verändert und was ist diesbezüglich in nächster Zukunft zu erwarten?
Der Markt für E-Bikes boomt. Das zieht sehr viele neue Marktteilnehmer an, die mit Innovationen in Antrieb, Rahmen, Lenker, Bremsen, Federungen und vielem mehr Kunden und damit Marktanteile gewinnen wollen. Junge und kleine Unternehmen aus dem In- und Ausland haben hier gute Chancen erfolgreich zu sein, weil sie oft innovativer und schneller als die etablierten Großen sind. Die Kleinen treiben die Großen vor sich her.

Batteriegröße und Antriebsleistung reichen heute schon für 90 Prozent aller Fahrer mehr als aus. Deshalb werden diese Komponenten jetzt kleiner und leichter. Viele E-Bikes verstecken heute ihre Antriebstechnik elegant in schön gestylten Rahmen.

Durch die höheren Stückzahlen und den starken Wettbewerb können auch die Preise sinken. Brauchbar gute E-Bikes für unter 1.000 Euro würden den Marktanteil dieser Fahrräder schnell deutlich ausweiten.

Ein starkes E-Bike braucht keine 20 Gänge. Ein starker Mittelmotor erschwert aber eine leise und sanfte Gangschaltung. Deshalb entwickeln einige Hersteller schon E-Bikes mit Automatikgetrieben oder sogar stufenlosen Getrieben.

Neue und künstlich intelligente Steuerungen erkennen den Wunsch des Fahrers nach Unterstützung an seinem körperlichen Einsatz, der ja permanent gemessen wird, und an seinen Lenkbewegungen sowie auch an GPS-Signalen zu der gerade befahrenen Strecke. Solche Unterstützungen sind insbesondere für ältere und körperlich schwächere oder sogar auch für körperlich behinderte Menschen hilfreich, um diese Radfahrer exakt nach ihrem momentanen Leistungsvermögen optimal zu unterstützen. Das ermöglicht Mobilität bis ins höchste Alter auch bei schwindender Kraft.

Veranstaltung im Blue Square

Weitere Informationen zum Thema E-Bikes gibt Peter Tenberge in einem Vortrag im Blue Square, Kortumstraße 90, 44787 Bochum, am Montag, 25. November 2019. Beginn ist um 18 Uhr, Interessierte sind herzlich eingeladen.

Veröffentlicht

Donnerstag
21. November 2019
09:33 Uhr

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