
Dissertationspreis Herausragende Wirtschaftswissenschaftler
Soziales Engagement von Unternehmen kommt immer gut an – oder auch nicht. Wann Kunden eher skeptisch werden, hat eine Doktorandin herausgefunden.
Drei Wirtschaftswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler der Ruhr-Universität Bochum (RUB) freuen sich über den Gebrüder-Deschauer-Preis 2016 für ihre herausragenden Doktorarbeiten: Dr. Pascal Lutter entwickelte mathematische Optimierungsmodelle und Algorithmen, die bei logistischen Entscheidungen unterstützen. Dr. Lucia Martinez Ordóňez befasste sich spieltheoretisch mit Konfliktsituationen und Dr. Sabrina Scheidler analysierte, wie Kunden zum sozialen Engagement von Unternehmen stehen und was sie dabei skeptisch macht. Der Preis wird von der Gesellschaft der Freunde der Ruhr-Universität Bochum verliehen.
Trotz Unsicherheiten gute Entscheidungen treffen
Unsicherheit prägt viele Entscheidungssituationen, da aufgrund von Messungenauigkeiten oder Schätzfehlern häufig keine exakten Informationen bekannt sind, oder weil die Entscheidung schon getroffen werden muss, bevor alle Informationen vorliegen. Hier kommen Optimierungsmodelle ins Spiel, die häufig sehr komplex sind, große Datenmengen beinhalten und schwer lösbar sind. Für reale Entscheidungen müssen speziell angepasste Optimierungsmodelle mit innovativen Lösungsverfahren kombiniert werden. Pascal Lutter erarbeitete neuartige theoretische Resultate, die in renommierten Fachzeitschriften veröffentlicht wurden. Seine Erkenntnisse flossen außerdem in die Praxis ein: Beispielsweise sind die Modelle zur Beladungsplanung von Transportzügen seit einigen Jahren erfolgreich in ein Entscheidungsunterstützungssystem bei der Deutschen Bahn Fernverkehr AG integriert.
Pascal Lutter, dessen Arbeit von Prof. Dr. Brigitte Werners betreut wurde, arbeitete bis März 2016 am Lehrstuhl für Unternehmensforschung und Rechnungslegung. Mittlerweile ist er als Berater für die Quintiq GmbH tätig.
Information ist nicht immer von Vorteil
Lucia Martinez Ordóňez modelliert Konfliktsituationen spieltheoretisch. Bislang galt die Überzeugung, dass derjenige, der mehr über den Gegner weiß, mehr Chancen auf einen Sieg hat. Betrachtet man Konflikte als ein simultanes Spiel, bedeutet das einen Vorteil für denjenigen Spieler, der als zweites seinen Zug ausführt und mehr Gelegenheit hat, Informationen zu sammeln. Das Ergebnis ihrer Analyse sieht aber ganz anders aus: Die Vermutung, dass Information immer von Vorteil ist, ist nicht gerechtfertigt. Es gibt Beispiele, die sogar das Gegenteil zeigen. Szenarien, in denen ein Spieler einen Vorteil haben könnte, wenn er seine Strategie seinem Gegner ankündigt.
Lucia Martinez Ordóňez, betreut von Prof. Dr. Jörg Schimmelpfennig, arbeitet seit 2005 als Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Theoretische und Angewandte Mikroökonomik und am Institut für Entwicklungsforschung und Entwicklungspolitik.
Gut gemeint, schlecht angekommen?
Corporate Social Responsibility (CSR), das Engagement eines Unternehmens für soziale oder ökologische Zwecke, wird heute zunehmend kontrovers diskutiert. Mittlerweile mehren sich die Stimmen, die profitorientierte Motive dahinter vermuten. Studien deuten darauf hin, dass zwei Drittel der Bevölkerung dem CSR-Engagement von Unternehmen skeptisch gegenüber stehen. Sabrina Scheidler will daher Faktoren identifizieren, die den Skeptizismus treiben, und zugrunde liegende Mechanismen analysieren. Dazu untersucht sie die Kommunikationsstrategien der Unternehmen über ihr Engagement, die Konzeption der Maßnahmen selbst sowie das Verhältnis von CSR-Maßnahmen und anderen Aktivitäten des Unternehmens. Verhält das Unternehmen sich zum Beispiel sozial unverantwortlich gegenüber Mitarbeitern, wirkt noch das großzügigste soziale Engagement scheinheilig.
Sabrina Scheidler, deren Betreuer Prof. Dr. Jan Wieseke war, ist seit Juni 2011 am Sales & Marketing Department der RUB aktiv. Parallel arbeitet sie als Consultant am Deutschen Institut für Vertriebsforschung.