Energieforschung Strom speichern unter der Erde
Städte brauchen Strom – aber nicht immer wenn Wind oder Sonne ihn erzeugen. Ingenieure untersuchen, wie man Überkapazitäten sinnvoll speichern kann.
Strom aus erneuerbaren Quellen hat einen Haken: Er entsteht nicht dann, wenn er gebraucht wird, sondern dann, wenn die Sonne scheint oder der Wind weht. Um ihn effizient zu speichern, untersuchen Ingenieure der Ruhr-Universität Bochum (RUB) gemeinsam mit Partnern von der Universität Duisburg-Essen (UDE) die Machbarkeit eines unterirdischen Pumpspeicherkraftwerks auf dem Gelände der Zeche Prosper-Haniel in Bottrop. Im Wissenschaftsmagazin Rubin erläutern die Ingenieure den aktuellen Stand des Projekts.
Zwei Seen auf unterschiedlichen Höhen
Normalerweise befinden sich solche Kraftwerke an Orten, die es erlauben, zwei Seen auf verschiedenen Höhen zu verbinden, zum Beispiel einen gestauten Fluss und einen künstlichen See auf einem Berg. Wird Strom erzeugt, der gerade nicht benötigt wird, treibt man damit Pumpen an, die das Wasser in den oberen See befördern. Bei Strombedarf lässt man das Wasser wieder herunterfließen, wobei es Turbinen antreibt, die wiederum Strom erzeugen. Ein unterirdisches Pumpspeicherkraftwerk in Bottrop wäre das erste weltweit. Dabei befindet sich über Tage ein künstlicher See. Anstelle eines weiteren Sees liegt der untere Wasserspeicher tief unter der Erde.
„Der Reiz an Zechenstandorten liegt darin, dass man vorhandene Infrastrukturen nutzen könnte“, so Prof. Dr. Hermann-Josef Wagner vom Lehrstuhl für Energiesysteme und Energiewirtschaft der RUB. „Man könnte zum Beispiel einen vorhandenen Stollen als Wasserspeicher umfunktionieren.“ Als sie in der ersten Projektphase diesen Charakteristika der Zeche auf den Zahn fühlten, mussten die Forscher zu ihrer eigenen Überraschung allerdings feststellen, dass es unter wirtschaftlichen Aspekten teilweise sinnvoller wäre, die vorhandenen Strukturen nicht zu nutzen, sondern neue zu bauen. „Es wäre zum Beispiel aufwendiger, wie ursprünglich geplant alte Stollen wasserdicht zu isolieren und als unterirdischen Wasserspeicher zu nutzen, als einen neuen Stollen anzulegen“, erklärt Wagner.
Vorhandene Strukturen nutzen oder nicht
Die Forscher prüften auch, ob man einen vorhanden Schrägschacht zum Transport der Turbinen in ihre unterirdische Kaverne nutzen kann. Zurzeit beschäftigen sie sich mit der Frage, wie man ein unterirdisches Pumpspeicherkraftwerk auslegen müsste, um es wirtschaftlich betreiben zu können. Rund 40 Kubikmeter Wasser müssten pro Sekunde durch die Turbinen fließen, damit das Kraftwerk Strom zu einem konkurrenzfähigen Marktpreis erzeugen kann. Welche Art von Turbine ist am besten geeignet?
Da die Anforderungen an den Stromspeicher noch unklar sind, rechnet das Forscherteam mit verschiedensten möglichen Szenarien, damit die Entscheidung für oder gegen den Bau später auf einer soliden Grundlage getroffen werden kann. Ein wichtiges Vorhaben der laufenden zweiten Projektphase ist es daher auch, mögliche Betreiber für das Pumpspeicherkraftwerk zu finden und anzusprechen. Hermann-Josef Wagner hofft, dass das unterirdische Pumpspeicherkraftwerk auf dem Gelände der Zeche Prosper-Haniel gebaut wird. Schon alleine, weil es das erste weltweit wäre – „eine Riesenattraktion“, sagt er. Interessenbekundungen gibt es schon reichlich, unter anderem aus China.