Die in New York lebenden ethnischen Gruppen haben sich auf ganz unterschiedliche Weise in die Stadt eingeschrieben. © Roberto Schirdewahn

Amerika Städte im Wandel

Nicht nur Gebäude, Straßen und Läden verändern sich im Lauf der Zeit, auch die Menschen, ihr Identitätsgefühl und ihre urbanen Vorstellungen und Träume.

Wie sich imaginäre Bilder von US-amerikanischen Städten entwickeln, was den immerwährenden Wandel von urbanen Räumen beeinflusst und wie Vorstellungen und Geschichten auf den Stadtwandel und die Stadtplanung zurückwirken, wurde im Projekt „Urban Transformations“ des Ruhr Center of American Studies untersucht. Im Center kooperieren Amerikanistinnen und Amerikanisten der drei Ruhrgebietsuniversitäten in Bochum, Dortmund und Duisburg-Essen. Das Bochumer Wissenschaftsmagazin Rubin beschreibt die Ergebnisse des Projekts, die auch in einem Sammelband erschienen sind.

Unterschätzte Kultur

Urbane Transformationsprozesse lassen sich zum Beispiel in Chinatowns nachvollziehen, etwa in New York oder San Francisco. In ihrer Doktorarbeit an der Ruhr-Universität Bochum analysierte Selma Siew Li Bidlingmaier, wie vielfältig und kontrovers diese Orte in der Literatur beschrieben werden. Historisch gesehen waren Chinatowns zunächst als Ausschlussräume gedacht. Nicht nur in Stadtplänen und Regularien, sondern auch in vielen literarischen Texten wurde die kulturelle Andersartigkeit dieser Bezirke betont.

Weiße Autoren mystifizierten Chinatowns als Orte, in denen der exotische Orient mitten in den USA erlebbar wurde. So wurden sie zu Vergnügungsorten, die Leute von außerhalb anzogen. Bidlingmaier wies nach, dass sich in Chinatowns eine eigenständige Kultur entfaltete, die lange Zeit in der Forschung unterschätzt wurde. Ihr Fazit: Heute, in einer Zeit, in der viele Amerikaner chinesischer Herkunft längst außerhalb der Chinatowns leben, sollten ihre Vorfahren nicht länger nur als Opfer weißer Segregation, sondern auch als Schöpfer ihrer eigenen Kultur begriffen werden, die ihre Wurzeln auch in Chinatown hat.

Sklaven in New York

Die Wurzeln afroamerikanischer Geschichte in New York gehen weit zurück. Zentrale Gebiete der Stadt wurden erstmals von afrikanischen Sklavinnen und Sklaven bebaut und bewohnt. Ein lange verschollenes Relikt dieser Zeit tauchte 1991 während der Arbeiten für ein Bürohochhaus in Lower Manhattan auf: eine afrikanische Begräbnisstätte.

Die afroamerikanische Gemeinde erwirkte gemeinsam mit anderen geschichtsbewussten New Yorkern, dass vor dem Bau des Gebäudes Ausgrabungen erfolgen konnten. Auf einem kleinen, bis heute unbebauten Teil des Areals entstand ein Denkmal. Mit dem African Burial Ground National Museum sowie anderen afroamerikanischen Erinnerungsräumen in New York befasste sich Doktorandin Tazalika te Reh während ihrer Promotion an der Technischen Universität Dortmund.

Deutsch-amerikanische Einwanderungsgeschichte

Eine Arbeit an der Universität Duisburg-Essen beschäftigte sich mit der deutsch-amerikanischen Einwanderungsgeschichte. Im New York des 19. Jahrhunderts war die deutsche Gemeinschaft etabliert und geschätzt, was sich durch die Weltkriege änderte. Insa Neumann untersuchte in ihrer Promotion, wie es den Deutschen dennoch gelang, ihre Identität als Amerikaner mit deutschen Wurzeln auf gewissen Ebenen zu erhalten. Sie identifizierte öffentliche, halb-öffentliche und nicht-öffentliche Anlässe, mit denen sie ihre deutsche Herkunft wach hielten.

Die deutsch-amerikanische Identität wurde zwar nach den Weltkriegen nie wieder so sichtbar, wie es 70 bis 80 Jahre zuvor gewesen war. Aber sie blieb erhalten und trug zu der steigenden Diversität und zum sozial und wirtschaftlich motivierten Wandel in New York City bei.

Ausführlicher Artikel in Rubin

Ein ausführlicher Artikel zu dem vom Mercator Research Center Ruhr geförderten Projekt „Urban Transformations“ findet sich in Rubin, dem Wissenschaftsmagazin der Ruhr-Universität. Texte auf der Webseite und Bilder aus dem Downloadbereich dürfen unter Angabe des Copyrights für redaktionelle Zwecke honorarfrei verwendet werden.

Universitätsallianz Ruhr

Seit 2007 arbeiten die drei Ruhrgebietsuniversitäten unter dem Dach der Universitätsallianz Ruhr strategisch eng zusammen. Durch Bündelung der Kräfte werden die Leistungen der Partneruniversitäten systematisch ausgebaut. Unter dem Motto „gemeinsam besser“ gibt es inzwischen über 100 Kooperationen in Forschung, Lehre und Verwaltung. Mit mehr als 120.000 Studierenden und nahezu 1.300 Professorinnen und Professoren gehört die UA Ruhr zu den größten und leistungsstärksten Wissenschaftsstandorten Deutschlands.

Originalveröffentlichung

Julia Sattler (Herausgeberin): Urban Transformations in the U.S.A. – Spaces, Communities, Representations, Transcript-Verlag, Bielefeld 2016, 426 Seiten, ISBN 9783837631111

Pressekontakt

Prof. Dr. Walter Grünzweig
Institut für Anglistik und Amerikanistik
Fakultät Kulturwissenschaften
Technische Universität Dortmund
Tel.: 0231 755 2912
E-Mail: walter.gruenzweig@tu-dortmund.de

Prof. Dr. Jens Martin Gurr
Institut für Anglophone Studien
Fakultät für Geisteswissenschaften
Universität Duisburg-Essen
Tel.: 0201 183 3427
E-Mail: jens.gurr@uni-due.de

Prof. Dr. Michael Wala
Geschichte Nordamerikas
Fakultät für Geschichtswissenschaften
Ruhr-Universität Bochum
Tel.: 0234 32 24667
E-Mail: michael.wala@rub.de

Veröffentlicht

Donnerstag
05. Oktober 2017
09:56 Uhr

Von

Julia Weiler

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