Medizin Forscher entdecken neuen Signalweg zur Herzmuskelverdickung
Wenn ein bestimmtes Enzym fehlt, kann sich das Herz selbst bei starker Belastung nicht krankhaft verdicken.
Bei dauerhaften starken Belastungen, etwa durch Bluthochdruck, kann sich der Herzmuskel krankhaft verdicken. Das führt zu einer Herzinsuffizienz, die lebensbedrohlich werden kann. Forscher aus Bochum und Bonn haben einen entscheidenden Signalweg bei der Entstehung dieser sogenannten Herzhypertrophie aufgeklärt. Ohne ein bestimmtes Enzym, die lösliche Adenylatzyklase, verdickt sich der Herzmuskel nicht. In Plos One vom 21. Februar 2018 berichtet das Team um Prof. Dr. Kornelia Jaquet aus dem Forschungslabor Molekulare Kardiologie, einem gemeinsamen Labor der kardiologischen Kliniken am St. Josef-Hospital und Bergmannsheil, über die Ergebnisse. Die Arbeit entstand in enger Kooperation mit dem Team um Dr. Yury Ladilov und Prof. Dr. Peter Reusch aus der Klinischen Pharmakologie und Wissenschaftlern des Physiologischen Instituts der Universität Bonn (Prof. Dr. Rainer Meyer).
Über 7.000 Liter Blut
Ein menschliches Herz muss Gewaltiges leisten: Es wiegt rund 300 Gramm und pumpt weit über 7.000 Liter Blut am Tag durch den Körper. Während des Lebens passt sich das Herz verschiedenen Anforderungen, aber auch Krankheiten an. Dazu gehört auch, dass Herzmuskelzellen größer und dicker werden – ein Vorgang, der Hypertrophie genannt wird. Unter Stress oder Druckbelastung wird die Hypertrophie schließlich krankhaft.
„Das bringt für Patienten viele Probleme mit sich, die auf Dauer in eine massive Herzinsuffizienz münden können“, erklärt Prof. Dr. Andreas Mügge, Direktor der Kardiologie im Bergmannsheil und St. Josef-Hospital. „Unter anderem kann das verdickte Herz weniger Blut aufnehmen und auswerfen. Außerdem wird der Herzmuskel wegen seiner vergrößerten Masse selbst schlechter durchblutet.“ Schon eine leichte Hypertrophie erhöht das Sterberisiko.
Welche Rolle spielt das Enzym?
Um herauszufinden, wie es im Detail zu einer krankhaften Hypertrophie kommt, haben die Forscherinnen und Forscher die Vorgänge in Herzmuskelzellen untersucht. Da bekannt war, dass der Botenstoff cAMP bei der Entwicklung einer Hypertrophie eine wichtige Rolle spielt, rückten bestimmte Enzyme in den Fokus, die diesen Botenstoff bilden: die Adenylatzyklasen. Neben verschiedenen membrangebundenen gibt es auch eine lösliche Adenylatzyklase, die in vielen Zelltypen vorzukommen scheint. Ihre Aufgabe in Herzmuskelzellen ist bisher unbekannt. Diese lösliche Adenylatzyklase lässt sich in verschiedenen Bereichen der Zelle nachweisen, zum Beispiel in der Zellflüssigkeit, in den Mitochondrien oder im Zellkern.
„Wir haben uns gefragt, ob die lösliche Adenylatzyklase an der Entwicklung der Hypertrophie beteiligt ist“, so Kornelia Jaquet. Zusammen mit dem Team der Universität Bonn verfolgten die Bochumer Wissenschaftler zwei Ansätze: Zum einen isolierten sie Herzmuskelzellen von Ratten und setzten diese unter Stress. In einigen dieser Zellen hemmten sie die lösliche Adenylatzyklase pharmakologisch oder unterdrückten die Bildung der löslichen Adenlyatzyklase in der Zelle durch Blockade bestimmter Gene.
Hoffnung auf neue Therapiekonzepte
Zum anderen untersuchten sie Wildtyp-Mäuse im Vergleich zu solchen, die nach gezielter Veränderung ihres Erbguts keine lösliche Adenylatzyklase bilden können. Bei beiden riefen die Forscher künstlich einen Bluthochdruck hervor und untersuchten, ob sich der Herzmuskel krankhaft verdickt.
Ergebnis: Wurde die lösliche Adenylatzyklase pharmakologisch gehemmt oder ihre Bildung verhindert, verdickte sich der Herzmuskel nicht. „Die lösliche Adenylatzyklase ist also grundlegend an der Entwicklung der krankhaften Hypertrophie beteiligt“, folgert Kornelia Jaquet. Die Entdeckung dieses neuen Mechanismus weckt die Hoffnung auf neue Therapiekonzepte.