
Physik Exotische Teilchen und ihre Struktur
Ein internationales Forschungskonsortium hat in den vergangenen Jahren eine Reihe von Teilchen mit sonderbaren Eigenschaften entdeckt. Nun rätseln Forscher, wie genau sie aufgebaut sein könnten.
Hunderte von subatomaren Teilchen sind mittlerweile entdeckt, aber noch immer ist der Teilchenzoo nicht vollständig; die Theorie sagt weitere Vertreter vorher. Physiker der Ruhr-Universität Bochum sind in das BES-III-Experiment am chinesischen „Beijing Electron Positron Collider“ involviert und haben gemeinsam mit ihren Kollegen in den vergangenen Jahren eine Reihe von exotischen Teilchen entdeckt, deren Struktur sie nun zu ergründen versuchen. Über ihre Arbeit berichtet das Bochumer Wissenschaftsmagazin Rubin.
Ungewöhnliche Eigenschaften
Das BES-III-Experiment läuft seit 2011. 2013 tauchte das erste merkwürdige Teilchen in den Daten auf, ein sogenanntes Z+-Teilchen, von dem später weitere Vertreter entdeckt wurden. Das Forschungskonsortium stieß im Lauf der Jahre auch auf ähnliche ungeladene Zustände, die X- und Y-Teilchen. Wie die Z+-Teilchen sind diese im Vergleich zu zuvor beschriebenen Materiebausteinen sonderbar, zum Beispiel weil sie eine außergewöhnlich lange Lebensdauer besitzen.
Das Team, dem auch der Bochumer Physiker Prof. Dr. Ulrich Wiedner vom Lehrstuhl für Experimentalphysik, insbesondere Hadronenphysik, angehört, arbeitet daran, die Struktur dieser Teilchen aufzuklären. Neue und bislang nur theoretisch vorausgesagte Zustände kommen dafür infrage.
Teilchen nur aus Gluonen
Eines der Teilchen, Eta-1405 genannt, könnte etwa ein sogenannter Glueball sein, der ausschließlich aus Gluonen, den Trägern der starken Wechselwirkung, besteht. In einer theoretischen Arbeit schlug Wiedner mit Kollegen vor, dass solche Gluebälle die Form eines in sich verdrehten oder verknoteten Donuts haben könnten. Der experimentelle Beweis dafür steht noch aus.
Auch für das erste im BES-III-Experiment entdeckte Z+-Teilchen gibt es Theorien zur Struktur. Aus den Experimenten weiß die Gruppe bereits, dass es vier verschiedene Quarks enthalten muss und auch welche. Für die Art und Weise, wie die Quarks aneinandergebunden sind, gibt es zwei Theorien.
Bislang unbekannte Art der Bindung möglich
Es könnte sich um einen Vier-Quark-Zustand handeln, in dem die Quarks alle über die gleiche Form der starken Wechselwirkung aneinandergebunden werden. Alternativ könnte es sich um ein Molekül handeln, in dem die vier Quarks in zwei Zweiergruppen vorliegen, die – ähnlich wie in einem chemischen Molekül – aneinandergebunden sind. Zwischen den beiden Gruppen gäbe es eine noch unbekannte Art von Bindung.
Künftige Experimente an der in Darmstadt entstehenden „Facility for Antiproton and Ion Research“ sollen Klarheit bringen, um welche Struktur es sich tatsächlich handelt. „Die Molekülbindung von dieser Art von Teilchen, den Mesonen, wäre eine völlig neue Form der starken Wechselwirkung“, erklärt Wiedner. „Wenn wir sie detailliert beschreiben könnten, würde uns das einen Schritt beim Verständnis der starken Wechselwirkung weiterbringen.“