Schnurrhaare liefern vielen Tieren wertvolle Informationen über ihre Umwelt.
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Neurowissenschaft Was Schnurrhaare so empfindlich macht

Entscheidend sind nicht die Tasthaare selbst, sondern etwas anderes.

Eine bestimmte Art von Nervenzellen in der sechsschichtigen Großhirnrinde verleiht Schnurrhaaren von Tieren ihre besondere Empfindlichkeit. Forscher der Ruhr-Universität Bochum zeigten bei Mäusen, dass das Zusammenspiel von Zellen in der sechsten Schicht des Kortex mit einer anderen Hirnregion, dem Thalamus, entscheidend dafür ist, dass Nager ihre Umgebung mit den Tasthaaren so gut beurteilen können. François Pauzin und Prof. Dr. Patrik Krieger von der Bochumer Abteilung Systemische Neurowissenschaften beschreiben die Arbeiten in der Fachzeitschrift Cell Reports vom 1. Mai 2018.

Dynamische Verarbeitungsschleifen

Krieger und Pauzin untersuchten den primären somatosensorischen Kortex, der in der Großhirnrinde die erste Verarbeitungsstation für Informationen des Tastsinns ist. Er ist aus sechs Schichten aufgebaut, die unterschiedliche Zelltypen enthalten. Die sechste Schicht beinhaltet unter anderem große Nervenzellen, die aufgrund ihrer Form Pyramidenzellen genannt werden. Sie verbinden den Kortex mit dem tieferliegenden Thalamus.

Die Aktivität dieser Kortex-Thalamus-Verarbeitungsschleife ändert sich abhängig vom Verhaltenskontext, wobei die Pyramidenzellen sowohl Thalamus-Neurone als auch andere Neuronen in der Großhirnrinde beeinflussen können. Wie genau sich dieses dynamische Zusammenspiel auswirkt, untersuchten die Neurowissenschaftler an genetisch veränderten Mäusen, deren Pyramidenzellen sich mit Licht kontrollieren lassen.

Akkurater, aber weniger empfindlich

Aktivierten die Forscher die Pyramidenzellen, so veränderte sich die Spontanaktivität anderer Zellen in der Großhirnrinde und im Thalamus. Das macht das System akkurater. Es schlägt seltener falschen Alarm, sondern reagiert nur auf echte Signale, die durch Reize an den Schnurrhaaren ausgelöst werden. Allerdings auf Kosten der Empfindlichkeit: In diesem Zustand ist es wahrscheinlicher, dass eine Nervenzelle ein paar der echten Signale nicht mitbekommt.

„Unsere Studie gibt einen Einblick, wie das Gehirn eine seiner fundamentalen Aufgaben wahrnimmt: nämlich aus dem überwältigenden Reiz-Input, den es permanent erhält, die Informationen herauszupicken, die in einer bestimmten Verhaltenssituation am relevantesten sind“, sagt Patrik Krieger. „Dafür ist das dynamische Zusammenspiel von Verarbeitungsschleifen wie zwischen dem Kortex und dem Thalamus entscheidend.“

Kontakt

Die Studie wurde im Rahmen des Sonderforschungsbereichs 874 durchgeführt, den die Deutsche Forschungsgemeinschaft fördert.

Originalveröffentlichung

François Philippe Pauzin, Patrik Krieger: A corticothalamic circuit for refining tactile encoding, in: Cell Reports, 2018, DOI: 10.1016/j.celrep.2018.03.128

Originalveröffentlichung

Prof. Dr. Patrik Krieger
Abteilung Systemische Neurowissenschaften
Medizinische Fakultät
Ruhr-Universität Bochum
Tel.: 0234 32 23898
E-Mail: patrik.krieger@rub.de

Veröffentlicht

Mittwoch
02. Mai 2018
08:56 Uhr

Von

Julia Weiler

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