Eickhoff-Preis Was beim Beschichten von Oberflächen mittels Plasmen passiert
Jan Trieschmanns theoretische Berechnungen helfen beim Verständnis von Beschichtungsprozessen. Davon könnte auch die Industrie profitieren.
Wie sich bei der plasmagestützten Beschichtung von Oberflächen die Teilchen in der Gasphase ausbreiten, hat Dr. Jan Trieschmann in seiner Doktorarbeit an der Ruhr-Universität Bochum mit einem Computermodell analysiert. Ein detailliertes Verständnis dieser Prozesse kann helfen, den Abscheideprozess so genau wie möglich auf die jeweilige industrielle Anwendung anzupassen. Für seine Arbeit erhielt Trieschmann am 6. Juli 2018 den mit 3.000 Euro dotierten Gebrüder-Eickhoff-Preis, den er in der Eickhoff-Fabrik entgegennahm.
Viele Anwendungen ohne Plasmaprozesse unmöglich
Reflexionsarme Brillengläser, wärmeisolierende Fensterscheiben oder leistungsstarke Mikroprozessoren in mobilen Geräten sind nur drei Beispiele für Anwendungen, bei denen beschichtete Oberflächen für die Funktion entscheidend sind. „Funktionalisierte Dünnschichten, die mit der Plasmatechnik aufgetragen werden, beeinflussen gezielt Eigenschaften wie Lichtreflexion, elektrische Leitfähigkeit, Härte oder Elastizität“, sagt Jan Trieschmann, der seine Doktorarbeit am Lehrstuhl Theoretische Elektrotechnik anfertigte. „Ohne Plasmaprozesse wären viele moderne Applikationen gar nicht möglich“, ergänzt er.
Insbesondere die physikalische Gasphasenabscheidung wird häufig für das Aufbringen dünner Schichten verwendet. Dabei werden die zu beschichtenden Bauteile zusammen mit sogenannten Targets – häufig aus Metall – in eine Prozesskammer eingebracht. Bei starkem Unterdruck wird ein Plasma erzeugt, welches beim Kontakt mit der Targetoberfläche einzelne Atome aus dieser herausschlägt, sodass sie in die Gasphase gelangen. Das zerstäubte Metall bildet eine sehr dünne Schicht auf dem Werkstück.
Den Transport von Teilchen modellieren
Ziel von Trieschmanns Arbeit war es, den Transport der Teilchen durch die Gasphase mit theoretischen Berechnungen zu verstehen. Er entwickelte ein Computermodell, das vorhersagt, wie sich die Teilchen der beteiligten Atomsorten, beispielsweise Argon, Stickstoff, Aluminium, Titan oder Chrom, in der Prozesskammer ausbreiten.
Aufgrund des niedrigen Gasdrucks können die Prozesse nur mit besonders rechenintensiven Methoden zuverlässig theoretisch beschrieben werden. Trieschmann verwendete sogenannte Monte-Carlo-Methoden, mit denen er einzelne Teilchen verfolgte, deren Laufbahnen durch Stöße gestört werden. „Diese Stöße muss man sich ähnlich wie bei Billardkugeln vorstellen, die aufeinanderprallen. Sie werden durch Zufallszahlen festgelegt, deshalb der Name Monte Carlo“, erklärt er.
Vorschläge für die Praxis
Mithilfe der berechneten Vorhersagen ist es möglich, die Abscheideprozesse im Detail zu verstehen. Durch virtuelle Modellvariationen konnte Jan Trieschmann auch die Einflüsse bestimmter Stellgrößen wie Reaktorgeometrie oder zeitlich modulierte Plasmaanregung untersuchen und Vorschläge für Parameter ableiten, die in der Praxis zu optimalen Ergebnissen führen würden.
Die Arbeiten erfolgten im Rahmen des Sonderforschungsbereich/Transregio 87 „Gepulste Hochleistungsplasmen zur Synthese nanostrukturierter Funktionsschichten“, in dem Trieschmann auf Daten aus experimentellen Untersuchungen von Kolleginnen und Kollegen zurückgreifen konnte. „Das hat es uns ermöglicht, eine Reihe grundlegender physikalischer Transportmechanismen zu verstehen“, resümiert der Forscher. „Im Dialog mit Partnern aus der Industrie tragen diese Ergebnisse unmittelbar zum wissensbasierten Schichtdesign bei. Die Technologie kann so gezielt weiterentwickelt werden, ohne dass die richtigen Parameter durch Erfolg und Irrtum gefunden werden müssen.“
Jan Trieschmann arbeitet inzwischen an der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus.