Chemie Die vielen Strukturen der lichtaktiven Biomoleküle
Manche Moleküle ändern bei Lichteinfall ihre räumliche Struktur – sie sehen also bei Licht und Dunkelheit unterschiedlich aus. Was genau bei der Umwandlung passiert, ist bislang nicht detailliert erforscht.
Wie sich der lichtsensitive Teil des Biomoleküls Phytochrom vom lichtadaptierten Zustand in den dunkeladaptierten Zustand umwandelt, haben Forscher der Ruhr-Universität Bochum und der Philipps-Universität Marburg verfolgt. Bislang sind nur für wenige lichtempfindliche Biomoleküle die Strukturen bekannt – und wenn dann nur für die Endzustände bei Licht und Dunkelheit, aber nicht für die Zwischenschritte. Mithilfe verschiedener Spektroskopiemethoden sind dem Bochum-Marburger Team nun neue Einblicke in die dynamischen Strukturveränderungen gelungen.
Die Gruppe um Prof. Dr. Enrica Bordignon aus Bochum sowie Prof. Dr. Oliver Essen aus Marburg beschreibt die Erkenntnisse in der Zeitschrift „Structure“, online veröffentlicht am 20. September 2018.
Lichtgetriebene Strukturveränderungen untersuchen
„Lichtsensitive Biomoleküle wie die Phytochrome aus Pflanzen sind für verschiedene Anwendungen interessant, etwa in der Landwirtschaft, wo eine Veränderung des Phytochroms die Wuchsform der Pflanzen optimieren könnte, oder für optogenetische Werkzeuge, die es ermöglichen, die Aktivität von genetisch veränderten Zellen im lebenden Körper mit Licht zu steuern“, sagt Enrica Bordignon, Leiterin der Bochumer Arbeitsgruppe EPR-Spektroskopie. Einblicke, wie die Photorezeptoren bei Lichteinfall ihre räumliche Struktur ändern, könnten diese Anwendungen voranbringen. „Bislang ist es jedoch eine Herausforderung, diese Prozesse mit atomarer Auflösung zu entschlüsseln“, erklärt Doktorand Tufa Assafa.
Universeller Mechanismus
Die Forscherinnen und Forscher analysierten ein Phytochrom-Molekül aus Cyanobakterien mit einer speziellen Form der Massenspektrometrie und einer besonderen Spektroskopiemethode, der Elektronenspinresonanz. Im Gegensatz zu anderen Methoden konnten sie das Molekül mit diesen Verfahren in Lösung belichten und seine Strukturveränderungen verfolgen, ohne es kristallisieren zu müssen. Sie beobachteten mehrere charakteristische Strukturveränderungen in dem lichtempfindlichen Segment des Phytochroms und erstellten ein Modell, welches die zeitliche Reihenfolge der verschiedenen Umwandlungsschritte wiedergibt. Außerdem zeigte das Team, dass es für verschiedene Phytochrome einen universellen Mechanismus für die Umwandlung vom dunkel- in den lichtadaptierten Zustand gibt.