Neurowissenschaft Zwei neue Forschungsprojekte zum Gedächtnis in Bochum
Die beiden Projekte wollen bislang unbekannte neuronale Grundlagen des Arbeitsgedächtnisses aufdecken und widersprüchliche Befunde zum Einfluss von Stress auf das Gedächtnis in Einklang bringen.
Mit dem Einfluss von Stress auf das Langzeitgedächtnis und mit den neuronalen Grundlagen des Arbeitsgedächtnisses beschäftigen sich zwei neue Forschungsprojekte am Institut für Kognitive Neurowissenschaft der Ruhr-Universität Bochum (RUB). Die Deutsche Forschungsgemeinschaft und die Netherlands Organization for Scientific Research finanzieren sie im Rahmen des Förderprogramms „Open Research Area for the Social Sciences“. Insgesamt fließen rund eine Million Euro an die RUB.
Das Team von Prof. Dr. Oliver Wolf, Lehrstuhl für Kognitionspsychologie, kooperiert im Projekt mit dem Donders Institute for Brain, Cognition and Behaviour in Nimwegen. Im zweiten Projekt arbeitet die Gruppe von Prof. Dr. Nikolai Axmacher, Lehrstuhl Neuropsychologie, mit der University of Groningen und der University of Oxford zusammen.
Wie Stress das Gedächtnis beeinflusst
Stressige und emotional aufwühlende Erlebnisse erzeugen besonders starke Erinnerungen. Was das für die Qualität der Erinnerungen bedeutet, ist bislang jedoch unklar. Einige Studien legen nahe, dass Menschen stressige Erlebnisse nicht im Detail abspeichern, sondern eher in generalisierter Form. Andere Studien hingegen haben Hinweise gefunden, dass stressige Situationen besonders detailreich im Gedächtnis bleiben.
In dem neuen Projekt, das der Bochumer Lehrstuhl für Kognitionspsychologie gemeinsam mit den Projektpartnern durchführt, wollen die Forscherinnen und Forscher diese widersprüchlichen Befunde auflösen. Dazu planen sie Verhaltensstudien mit Versuchspersonen sowie pharmakologische und bildgebende Untersuchungen. Diese wollen sie mit Ergebnissen aus Tierversuchen kombinieren und so ein neues Modell erarbeiten, wie Stresshormone das neuronale Netzwerk für Langzeiterinnerungen beeinflussen.
Das Projekt trägt den Titel „Stress effects on accuracy versus generalisation“ und startet voraussichtlich im März 2019. Es läuft für drei Jahre. Aus den Niederlanden sind die Arbeitsgruppen von Prof. Benno Roozendaal, Prof. Marloes Henckens und Prof. Erno Hermans beteiligt. Das Forschungsvorhaben wird insgesamt mit etwa einer Million Euro gefördert, wovon 734.000 Euro an die RUB fließen.
Die Grundlagen des Arbeitsgedächtnisses entschlüsseln
Um mit der sich ständig verändernden Umwelt klarkommen zu können, benötigen Menschen das Arbeitsgedächtnis, das Informationen vorübergehend speichert. Zwei Fakten über dieses Gedächtnissystem sind wissenschaftlich gut belegt: Es kann nur eine Handvoll Elemente gleichzeitig speichern, und seine Effizienz steigt, wenn die zu speichernden Informationen sinnvoll strukturiert sind. Wie diese Limitationen auf neuronaler Ebene entstehen, ist bislang nicht verstanden.
Eine Theorie besagt, dass das Gehirn Inhalte im Arbeitsgedächtnis speichert, indem bestimmte Nervenzellen über die Dauer der Speicherung kontinuierlich aktiv sind. Das Projektteam geht jedoch davon aus, dass weitere Mechanismen am Werk sein müssen, die versteckt hinter der andauernden Nervenzellaktivität ablaufen. Mit speziell dafür entwickelten Methoden wollen sie diese Mechanismen aufdecken.
Das Projekt, das der Bochumer Lehrstuhl Neuropsychologie gemeinsam mit den Kooperationspartnern durchführt, trägt den Titel „Hidden brain states underlying efficient representations in working memory“ und startet in der ersten Hälfte des Jahres 2019. Es läuft für drei Jahre. Aus den Niederlanden ist das Team um Dr. Elkan Akyürek beteiligt, aus Großbritannien die Gruppe von Prof. Mark Stokes. Das Projekt wird insgesamt mit etwa 1,1 Millionen Euro gefördert, rund 320.000 Euro fließen an die RUB.