Astronomie Neue kosmische Magnetfeldstrukturen in Galaxie NGC 4217 entdeckt
Superblasen, Riesenschleifen und X-förmige Magnetfeldstrukturen – diese Galaxie hat einen wahren Formenreichtum zu bieten. Wie solche Strukturen zustande kommen, ist ein Rätsel. Hinweise liefert eine neue Studie.
Spiralgalaxien wie unsere Milchstraße können weit ausgedehnte Magnetfelder besitzen. Zu ihrer Entstehung gibt es verschiedene Theorien, bislang ist sie aber nicht genau verstanden. Ein internationales Forschungsteam hat nun das Magnetfeld der milchstraßenähnlichen Galaxie NGC 4217 detailliert auf der Basis radioastronomischer Beobachtungen analysiert und zuvor nicht bekannte Magnetfeldstrukturen entdeckt. Die Daten weisen darauf hin, dass Sternentstehung und Sternexplosionen, sogenannte Supernovae, verantwortlich für die sichtbaren Strukturen sind.
Das von Dr. Yelena Stein geleitete Team der Ruhr-Universität Bochum, des Centre de Données astronomiques de Strasbourg und des Max-Planck-Instituts für Radioastronomie in Bonn berichtet zusammen mit US-amerikanischen und kanadischen Kollegen in der Zeitschrift „Astronomy and Astrophysics“, online veröffentlicht am 21. Juli 2020.
Die untersuchten Daten stammen aus dem Projekt „Continuum Halos in Nearby Galaxies“, in dem 35 Galaxien radioastronomisch vermessen wurden. „Die Galaxie NGC 4217 ist für uns besonders interessant“, erklärt Yelena Stein, die die Arbeiten am Lehrstuhl für Astronomie der Ruhr-Universität Bochum von Prof. Dr. Ralf-Jürgen Dettmar begann und mittlerweile am Centre de Données astronomiques de Strasbourg tätig ist. NGC 4217 ähnelt der Milchstraße und liegt nur etwa 67 Millionen Lichtjahre entfernt, also relativ nah, im Sternbild Großer Bär. Die Forscherinnen und Forscher hoffen daher, einige ihrer Erkenntnisse auch auf unsere Heimatgalaxie übertragen zu können.
Magnetfelder und Orte der Sternentstehung
Bei der Auswertung der Daten von NGC 4217 fanden die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler gleich mehrere bemerkenswerte Strukturen. Die Galaxie weist eine auch schon bei anderen Galaxien beobachtete X-förmige Magnetfeldstruktur auf, die sich von der Galaxienscheibe über 20.000 Lichtjahre weit nach außen erstreckt.
Neben der X-Form fand das Team eine Helix-Struktur sowie zwei große Blasenstrukturen, auch Superbubbles genannt. Letztere gehen von Orten aus, an denen viele massereiche Sterne als Supernovae explodieren, aber auch Sterne gebildet werden, die dabei Sternwinde aussenden. Daher vermuten die Wissenschaftler einen Zusammenhang zwischen den Phänomenen.
„Es ist faszinierend, dass wir mit Radio-Polarisationsmessungen bei jeder Galaxie unerwartete Phänomene entdecken”, bemerkt Dr. Rainer Beck vom MPI für Radioastronomie in Bonn, einer der Autoren der Studie. „Hier bei NGC 4217 sind es riesige magnetische Gasblasen und ein Helix-Magnetfeld, das sich in den Halo der Galaxie schraubt.“
Außerdem offenbarte die Analyse große Ringstrukturen in den Magnetfeldern entlang der ganzen Galaxie. „Das wurde so zuvor noch nie beobachtet“, sagt Yelena Stein. „Wir vermuten, dass die Strukturen durch die Sternentstehung zustande kommen, weil an diesen Stellen Materie nach außen geschleudert wird.“
Bild zeigt Magnetfeldstrukturen
Für die Analyse kombinierten die Forscherinnen und Forscher unterschiedliche Methoden, mit denen sie die geordneten und die chaotischen Magnetfelder der Galaxie sowohl entlang der Sichtlinie als auch senkrecht dazu sichtbar machen konnten. So ergab sich ein umfassendes Bild der Strukturen.
Um diese zu verdeutlichen, brachte Yelena Stein die radioastronomisch ausgewerteten Daten mit einem Bild von NGC 4217 zusammen, das im Bereich des sichtbaren Lichts aufgenommen worden war. Das Bild steht auf der Webseite public.nrao.edu zum Download zur Verfügung. „Es war mir wichtig, die Daten anschaulich zu machen“, erzählt Stein. „Denn wenn man über Galaxien nachdenkt, kommen einem nicht als erstes Magnetfelder in den Sinn, obwohl sie gigantisch groß sein können und einzigartige Strukturen annehmen. Das Bild soll die Magnetfelder mehr in den Fokus rücken.“