Biologie Zwei Tricks für die Biokatalyse
Eigentlich wirken Plasmen zerstörerisch auf Enzyme. Hier liefern sie ihnen auf Knopfdruck einen Baustein für die Biokatalyse zu.
Enzyme können als Katalysatoren gute Dienste tun, zum Beispiel gezielt ein Produkt herstellen, nicht aber sein Spiegelbild, das bei anderen Verfahren aufwändig abgetrennt werden muss. Allerdings sind sie sensibel und werden mitunter durch das Substrat, das sie umsetzen, inaktiviert. Mittels Plasma konnte das Team von Prof. Dr. Julia Bandow, Inhaberin des Lehrstuhls Angewandte Mikrobiologie an der Fakultät für Biologie und Biotechnologie der Ruhr-Universität Bochum (RUB), ein Enzym aus einem Pilz optimal mit diesem Ausgangsstoff versorgen, ohne dass es Schaden nahm. Darüber berichtet Rubin, das Wissenschaftsmagazin der RUB.
Wirkungsloser Zwilling
Bei der Herstellung vieler Chemikalien entsteht neben dem gewünschten Produkt auch sein Spiegelbild: Die beiden sogenannten Enantiomere sind einander physikochemisch sehr ähnlich und daher schwierig voneinander zu trennen, haben aber unterschiedliche biologische Eigenschaften. Gerade bei Medikamenten ist das augenfällig: So wirkt zum Beispiel das (S)-Ibuprofen-Molekül gegen Schmerzen, sein Zwilling (R)-Ibuprofen aber nicht. Bandows Arbeitsgruppe setzt daher für die Herstellung solcher Chemikalien auf Enzyme, biologische Katalysatoren, die zum Beispiel aus Bakterien oder Pilzen stammen. Manche Enzyme stellen nur eins der beiden Enantiomere her.
Enzyme sind sensibel
Allerdings sind Enzyme eher sensible Katalysatoren. Manche sind sogar anfällig für eine Inaktivierung durch das Substrat, das sie umsetzen. „Unser Beispielenzym ist so ein Fall. Die unspezifische Peroxigenase, kurz UPO, aus dem Speisepilz Agrocybe aegerita oder Südlichen Ackerling, die die Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Frank Hollmann aus Delft hergestellt hat, kann den Duftstoff (R)-1-Phenylethanol herstellen. Als Substrat braucht sie dafür Wasserstoffperoxid. Wenn man ihn dem Enzym in Lösung einfach in Form eines Konzentrats zufügt, deaktiviert der Ausgangsstoff der gewünschten Reaktion das Enzym innerhalb kurzer Zeit“, erklärt Julia Bandow.
Ein Dilemma, aus dem das Team mit mehreren Tricks herauskam. Einer davon war, ein Plasma zur Herstellung von Wasserstoffperoxid zu nutzen. In Plasmen, die entstehen, indem man einem Gas Energie zuführt, bilden sich zahlreiche reaktive Substanzen, die Krebszellen, Biofilme, Viren oder Prionen zerstören. Hier jedoch sollte das Plasma zum Schutz der Biokatalysatoren beitragen, indem es die reaktiven Substanzen, die für die Katalyse des Duftstoffs notwendig sind, dem Enzym auf Knopfdruck genau in der richtigen Dosis zur Verfügung stellt.
Trick Nummer zwei
Die Gruppe experimentierte also mit Plasmen auf Basis von Luft oder Edelgasen, die direkt über den in Lösung befindlichen Enzymen zur Herstellung des Duftstoffs (R)-1-Phenylethanol gezündet wurden. Die an der Oberfläche befindlichen Enzyme wurden durch die reaktiven Spezies aber schnell zerstört. So kam es zu Trick Nummer zwei: Die Forscherinnen und Forscher befestigten die Enzyme an Beads, kleinen Kugeln mit poröser Oberfläche, die am Boden der Lösung liegen und die Enzyme dort festhalten. Die optimale Beschaffenheit der Kugeln testeten sie vorher aus, denn nicht jedes Enzym kann auf jeder Oberfläche gut andocken und trotzdem seine Arbeit verrichten, für die manchmal auch Bewegungen der Enzyme notwendig sind.
So gelang es, dass oberhalb der Kugeln am Boden des Behältnisses etwas Lösung die Enzyme von der Gasphase trennt und abpuffert. Das mithilfe des Plasmas erzeugte Wasserstoffperoxid diffundiert zu den Enzymen und wird von diesen umgesetzt. Die Enzyme kommen dabei aber nie mit einer Überdosis des Substrats oder anderer reaktiver Spezies in Kontakt. So bleiben sie intakt und funktionsfähig.