Informationstechnik Konzepte für den Mobilfunk der sechsten Generation
6G soll leistungsfähiger und sicherer sein als bisherige Mobilfunkstandards. Ein Bochumer Konsortium leistet Vorarbeit.
Ruckelnde Videos oder merkliche Verzögerungen bei Smartphone-Anwendungen wundern heute niemanden. Will man den Mobilfunk aber für Zwecke wie digitale Operationen oder autonomes Fahren verwenden, kann man so etwas nicht tolerieren. Dazu, dass es mit 6G rund läuft, trägt ein Bochumer Konsortium mit dem Projekt „6G-Forschungs-Hub für offene, effiziente und sichere Mobilfunksysteme (6GEM)“ bei. Bei dem Projekt, das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung mit rund 40 Millionen Euro für vier Jahre gefördert wird, sind neben universitären Partnern (Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen, Technische Universität Dortmund, Universität Duisburg-Essen, Ruhr-Universität Bochum) auch außeruniversitäre Institutionen wie Fraunhofer-Institute beteiligt. Der Standortsprecher der Ruhr-Universität Bochum ist Prof. Dr. Aydin Sezgin.
Mobilfunk bleibt hinter den Möglichkeiten zurück
„Die Leistungsfähigkeit aktueller Mobilfunksysteme, inklusive der neuesten Mobilfunkgeneration 5G, ist noch weit von den physikalischen und informationstheoretischen Grenzen der Kommunikation über einen Funkkanal entfernt“, sagt Aydin Sezgin. Erfahrungsgemäß wird etwa alle zehn Jahre ein neuer Mobilfunkstandard etabliert. 2030 wird die Standardisierung für 6G beginnen. Dafür sollen höhere Frequenzbereiche genutzt werden als bisher: Bewegen sich die genutzten Funkfrequenzen bei 4G aktuell zwischen 2,4 bis 5 Gigahertz, sollen es für 5G schon um 28 Gigahertz sein. Bei 6G wird die Frequenz noch um den Faktor 100 bis 1.000 größer sein: 300 Gigahertz bis zwei Terahertz.
„Die Nutzung der höheren Frequenzen hat viele Vorteile“, erklärt Aydin Sezgin. „Sie unterstützen wesentlich höhere Datenraten und haben eine kürzere Reichweite als niedrigere Frequenzen.“ Das macht sie nicht nur leistungsfähiger, sondern begünstigt für einige Anwendungen auch den Schutz der Privatsphäre. Hinzu kommt, dass die Antennen zum Senden und Empfangen von Signalen an die Wellenlänge anpasst sein müssen. Bei höheren Frequenzen können sie wesentlich kleiner sein. Man kann daher viel mehr Antennen in Geräten unterbringen, und die Geräte können kompakter sein als bisher.
Europas Rolle stärken
Die Forschenden der RUB wollen Technologien untersuchen, die aus kommunikationstheoretischer Sicht als vielversprechendste Kandidaten bei der Definition der Eckpfeiler der 6G-Mobilfunkgeneration betrachtet werden. Einige dieser Technologien sind eine Verallgemeinerung beziehungsweise eine natürliche Evolution von Konzepten der fünften Mobilfunkgeneration, während andere komplett neu sind.
Die Ergebnisse aus dem Projekt werden nicht nur in wissenschaftlichen Publikationen veröffentlicht, sondern auch bei internationalen Standardisierungsgremien wie 3GPP und ETSI zur Entwicklung eines gemeinsamen globalen Standards für 6G-Systeme eingereicht. „Nachdem Europa bei der Entwicklung der Standards 4G und 5G sehr zurückhaltend war, soll seine Rolle bei 6G wieder gestärkt werden“, erklärt Sezgin. Darüber hinaus wollen die Forschenden die neuen Technologien nutzen, um zukunftsträchtige Anwendungen wie sicherer Straßenverkehr, Hafenlogistik, Intralogistik, Rettungsrobotik und den digitalen Operationssaal zu ermöglichen.