Biotechnologie Studienpreis für einen neuen Baustein im Medikamenten-Baukasten
Simon Schröder hat herausgearbeitet, wie man mit Enzymen die begehrte Bindung zwischen zwei Stickstoff-Atomen einfacher knüpfen kann.
Im Baukasten für neue Medikamente, die zum Beispiel Bakterien bekämpfen helfen, welche gegen bekannte Antibiotika resistent sind, sollten möglichst kostengünstige und umweltfreundliche Bausteine liegen. Enzyme bieten sich dafür an. Sie können zum Beispiel verschiedene Bestandteile von Wirkstoffen herstellen oder verbinden. Simon Schröder hat in seiner Masterarbeit in der Arbeitsgruppe Mikrobielle Biotechnologie der Ruhr-Universität Bochum ein Enzym näher charakterisiert, das in der Lage ist, die begehrte Stickstoff-Stickstoff-Verbindung in Molekülen zu knüpfen. Außerdem fand er noch weitere Enzyme, die das können. Die Arbeit wurde mit dem DECHEMA-Studienpreis ausgezeichnet und am 4. Dezember 2023 in der Zeitschrift Molecular Catalysis veröffentlicht.
Bausteine limitieren das Design neuer Wirkstoffe
Forschende befinden sich in ständigem Wettbewerb mit schädlichen Mikroorganismen, die Antibiotikaresistenzen entwickeln. Auf der Suche nach neuen Wirkstoffen versuchen sie traditionell, Mikroorganismen aus der Natur zu isolieren, welche antibiotisches Verhalten aufweisen. Sie identifizieren dann die verantwortlichen Substanzen und studieren deren Funktion. Heute wird dieser Prozess durch computergestützte Methoden ergänzt, die es erlauben, maßgeschneiderte, neue Moleküle zu entwerfen, die spezifische Wirkungen auf Organismen und ihre Stoffwechselprozesse haben.
„Das Design und die Produktion solcher künstlichen Verbindungen ist aber oft dadurch limitiert, welche Vorläufermoleküle oder Bausteine für deren Herstellung zur Verfügung stehen“, erklärt Simon Schröder. Deren Herstellungsprozess sollte idealerweise ökonomisch und ökologisch sein, beispielsweise durch Verwendung von Mikroorganismen oder deren katalytischen Enzymen. Dementsprechend wichtig und interessant ist also die Erweiterung des Baukastens verfügbarer Moleküle zur Herstellung von neuen Medikamenten.
Die gewünschte Bindung einfacher zugänglich machen
„Wir beschäftigen uns mit der Produktion einer bestimmten Art von solchen Molekülen“, erklärt Schröder. 2017 wurde ein Enzym isoliert, das in der Lage ist, die in der Natur nur selten vorkommende Stickstoff-Stickstoff-Bindung in Molekülen zu knüpfen. Über dieses Enzym mit dem systematischen Namen „KtzT“ ist jedoch immer noch sehr wenig bekannt: Wie funktioniert es? In welchen Verbindungen kann es diese Bindung knüpfen? Eignet es sich für die Produktion von pharmazeutisch relevanten Molekülen?
„Zunächst konnten wir die Produktion und Isolation dieses Enzyms im Labor um den Faktor 35 verbessern“, berichtet Simon Schröder. „Dadurch waren wir in der Lage, KtzT zu charakterisieren, also seine optimalen Reaktionsbedingungen zu identifizieren: Bei welcher Temperatur, welchem pH-Wert arbeitet es am besten und wie stabil ist es unter verschiedensten Bedingungen?“
Das Forschungsteam hat außerdem KtzT-ähnliche Enzyme gefunden, isoliert und gezeigt, dass sie ebenfalls in der Lage sind, die Reaktion zu katalysieren. „Außerdem konnten wir eine mehrschrittige Reaktion mit mehreren Enzymen umsetzen, wodurch die Stickstoff-Stickstoff Bindung noch einfacher zugänglich wird“, so Simon Schröder. Mit bioinformatischen Methoden entwickelte er unter anderem ein Strukturmodell des Enzyms, das es ermöglicht, Hypothesen bezüglich des Reaktionsmechanismus aufzustellen und das Enzym gezielt so zu modifizieren, dass es die Stickstoff-Stickstoff-Bindung auch in anderen Verbindungen knüpfen kann.
Seit 2023 ist das Bochumer Team Teil des EU-weiten Netzwerks „BiodeCCodiNNg“, das sich unter anderem mit der Erforschung von Stickstoff-Stickstoff-bindenden Enzymen beschäftigt.