
Melody Haarmann (links) und Max Scholz beim Aufreinigen der Produkte
Biotechnologie
Gewünschte Epoxide aus Schadstoffen gewinnen
Promovierende der Ruhr-Universität Bochum haben in einer fächer- und universitätsübergreifenden Kooperation mit der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf einen neuen selektiven Biokatalysator beschrieben.
Aus schädlichem Styrol können neue Biokatalysatoren nützliche Epoxide herstellen, und das auch noch so selektiv, dass nur gewünschte Verbindungen entstehen und nicht ihr unerwünschtes Spiegelbild. Dieses Ergebnis hat eine Gruppe Promovierender des Graduiertenkollegs MiCon – kurz für „Microbial Substrate Conversion“ – an der Ruhr-Universität Bochum mit Unterstützung einer Arbeitsgruppe der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf erzielt. Die Forschenden berichten in der Zeitschrift ACS Catalysis vom 7. Juli 2025.
Effizient und umweltschonend
Im Bereich der Pharmazie und Synthese von Fein- und Spezialchemikalien ist Selektivität der Katalysatoren von enormer Bedeutung. Denn je selektiver eine Reaktion abläuft, desto weniger Substrat endet in Nebenprodukten oder ungenutztem Abfall. „Hoch-selektive Katalysatoren arbeiten also effizient und umweltschonend“, fasst Prof. Dr. Dirk Tischler, Leiter der Arbeitsgruppe Mikrobielle Biotechnologie der Ruhr-Universität Bochum, zusammen. Die Selektivität erlaubt es auch mitunter, nur Verbindungen mit der gewünschten Eigenschaft herzustellen, etwa einer medizinischen Wirkung.
Das betrifft insbesondere Verbindungen, die sich wie Bild und Spiegelbild zueinander verhalten, die sogenannten Enantiomere. Sie bestehen aus den gleichen Atomen und haben identische Bindungsmuster, unterscheiden sich aber in der räumlichen Anordnung der Atome. „Vereinfacht kann man das mit unseren Händen vergleichen: Die rechte und linke Hand sind gleich aufgebaut, können aber räumlich nicht zur Deckung gebracht werden“, erklärt Prof. Dr. Eckhard Hofmann aus der Ruhr-Universität Bochum. Ein Beispiel für solche Verbindung findet sich etwa unter den Aromastoffen: Carvon gibt es in zwei Formen, wobei (S)-Carvon in der Minze und (R)-Carvon im Kümmel vorkommt.
Einfach zu reinen Stoffen kommen
In der Arbeit haben sieben Promovierende der Graduiertenschule MiCon einen neuen Weg zur selektiven Gewinnung von Epoxiden erarbeitet. Epoxide sind zyklische chemische Verbindungen, die mindestens einen Dreiring aufspannen aus zwei Kohlenstoffen und einem Sauerstoffatom, was sie zu sehr reaktionsfähigen Molekülen macht. Sie werden unter anderem eingesetzt in der Synthese von Polymeren, Feinchemikalien sowie Pharmazeutika. Die Forschenden haben eine neue Gruppe von Enzymen des Typs Glutathion-S-Transferase biochemisch und strukturell beschrieben. Die biochemischen und anwendungsorientierten Arbeiten fanden in der AG Mikrobielle Biotechnologie der Ruhr-Universität Bochum statt, und die Strukturaufklärung wurde von der zentralen Proteinkristallographie der Ruhr-Universität Bochum und dem Center für Strukturelle Studien an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf unterstützt.
„Diese Enzyme erkennen bei ausgewählten Epoxiden die räumliche Struktur und setzen dann bevorzugt eine um“, erläutert Doktorandin Melody Haarmann. Auf diese Weise kann man bei einer Mischung von enantiomeren Epoxiden eines selektiv abbauen und dabei das andere anreichern und so recht einfach zu reinen Stoffen kommen. Dies wurde nun erstmals umfassend dokumentiert und für verschiedenste aromatische Epoxide erfolgreich dargestellt.
Die Enzyme stammen aus dem Abbau des Schadstoffs Styrol und entgiften die Epoxide, die im Zuge des Abbaus entstehen. „Diese Reaktion ist identisch zu der Entgiftung von Epoxiden im menschlichen Körper und zeigt daher eindrucksvoll, dass die Natur erfolgreiche Konzepte für verschiedenste Aufgaben nutzt“, so Doktorand Max Scholz. „Wir können also noch viel lernen und natürliche Reaktionen in für uns nützliche Synthesen übertragen.“