
Klaus Gewert ist geschäftsführender Gründungsdirektor von PRODI – Zentrum für Proteinforschung der Ruhr-Universität Bochum – und CEO der Firma betaSENSE.
Biophysik Neuer Biomarker für Parkinson
Ein fehlgefaltetes Protein macht schon in frühen Phasen der Erkrankung eine sichere Diagnose möglich.
Morbus Parkinson ist eine neurodegenerative Erkrankung, die hauptsächlich auf Basis von klinischen Symptomen, vor allem motorischer Störungen, im Spätstadium diagnostiziert wird. Dann ist das Gehirn jedoch schon massiv und irreparabel geschädigt. Die Diagnosestellung ist zudem schwierig und häufig fehlerhaft, weil die Erkrankung viele Ausprägungen und überlappende Symptome hat. Forschende des Zentrums für Proteinforschung PRODI der Ruhr-Universität Bochum und des Biotech-Unternehmens betaSENSE haben jetzt einen Biomarker in der Rückenmarksflüssigkeit entdeckt, der schon früh eine sichere Diagnose ermöglicht und über das Fortschreiten der Erkrankung sowie die Wirkung einer Therapie Aufschluss geben kann. Sie berichten in der Zeitschrift EMBO Molecular Medicine vom 25. April 2025.
Morbus Parkinson – eine unaufhaltsame Erkrankung
Charakteristisch für Morbus Parkinson ist der Verlust dopaminerger Nervenzellen im Gehirn, was im Krankheitsverlauf meist zu zunehmenden motorischen Einschränkungen führt. Dopamin-Zugaben können den Verlust kompensieren und damit die Symptome für einige Zeit phasenweise mildern. Eine zentrale Rolle bei der Entstehung von Morbus Parkinson spielt die Fehlfaltung des Schlüsselproteins alpha-Synuklein (αSyn) von α-helikalen Strukturen zu β-Faltblatt-reichen Strukturen. „Diese Fehlfaltungen machen das Protein klebrig, und es bilden sich größere Komplexe, sogenannte Oligomere, die dann lange fibrilläre Fäden und schließlich die Aggregation dieser Fäden in makroskopisch großen Lewy-Körperchen im Gehirn verursachen können“, erklärt Prof. Dr. Klaus Gerwert, geschäftsführender Gründungsdirektor von PRODI und CEO von betaSENSE.
Plattformtechnologie erweitert
Die Bochumer Forschenden konnten in zwei unabhängigen klinischen Kohorten mit insgesamt 134 Teilnehmenden zeigen, dass diese Fehlfaltung von αSyn ein geeigneter Biomarker mit einer Sensitivität und Spezifität von weit über 90 Prozent für die Diagnose von Parkinson darstellt. Grundlage für die Arbeiten waren Liquorproben von Patient*innen aus den Parkinson-Zentren in Bochum (St. Josef-Hospital, Prof. Dr. Lars Tönges, Prof. Dr. Ralf Gold) und Kassel (Paracelsus-Elena-Klinik, Dr. Sandrina Weber, Prof. Dr. Brit Mollenhauer). Die Messungen wurden mithilfe der patentierten iRS-Technologie (immuno-Infrarot Sensor) der betaSENSE GmbH durchgeführt.
Die iRS-Technologie ist für Morbus Alzheimer bereits von betaSENSE etabliert. Hier konnte gezeigt werden, dass die Fehlfaltung des Biomarkers Aβ das Risiko für eine spätere Alzheimer-Demenz mit hoher Genauigkeit bis zu 17 Jahre vor der klinischen Diagnose anzeigen kann. „Diesen Ansatz konnten wir jetzt auf Parkinson für die Fehlfaltung von αSyn übertragen“, freut sich Klaus Gerwert.
Entwicklung von Parkinson-Medikamenten
Die Technologie kann nicht nur zur Diagnostik eingesetzt werden, sondern auch dabei helfen, neue Wirkstoffe zu entwickeln und deren Wirksamkeit in klinischen Studien nachzuweisen.

Indikatoren für die Parkinson-Erkrankung sind Lewy-Körperchen im Gehirn, welche aus Aggregaten des fehlgefalteten Proteins alpha-Synuclein bestehen. Mithilfe der neuen Plattformtechnologie iRS (immuno-Infrared-Sensor) der Firma betaSENSE können fehlgefaltete Proteine in Körperflüssigkeiten nachgewiesen werden. Bochumer Forschende zeigten, dass die Fehlfaltung von alpha-Synuclein die Parkinson-Erkrankung in der Rückenmarks-Flüssigkeit (CSF) präzise nachweisen kann. Damit wird die Diagnose erheblich genauer und die Therapieantwort insbesondere im Frühstadium verbessert.