
Hochbegabung Wo Eltern und Kinder Unterstützung finden
Was tun, wenn das eigene Kind hochbegabt ist? Der ehemalige RUB-Schülerstudent Jan-Phillip und seine Mutter Claudia Graf erzählen von ihren Erfahrungen.
Bereits als 13-Jähriger hat Jan-Phillip Graf als Schülerstudent die RUB besucht, er galt als hochbegabt. Doch gerade in seiner Schulzeit fiel es dem heute 20-Jährigen schwer, sich mit seinen überdurchschnittlichen Fähigkeiten an Gleichaltrige anzupassen. Die Erkenntnis, dass er in manchen Bereichen besonders begabt ist, änderte vieles – zum Besseren.
„Zunächst blieb Jan-Phillips Hochbegabung recht lange unentdeckt“, schildert Claudia Graf. Jan-Phillip wurde mit sieben Jahren eingeschult, schien sich in seiner Klasse wohlzufühlen. Als er in die dritte Klasse versetzt wurde, wurde er immer häufiger krank. „Er hatte häufig Fieber, wollte nicht mehr in die Schule gehen“, erinnert sich Graf. Die Eltern waren besorgt: Warum geht es ihm so schlecht? „Doch wir hatten sehr großes Glück“, sagt Graf. Eine Bekannte der Familie, die als Psychologin arbeitet, schloss ausgerechnet zu dieser Zeit ihre Promotion zum Thema Hochbegabung ab.
Etablierte Organisationen aufsuchen
Kurze Zeit später führte sie ein Gespräch mit Jan-Phillip. Danach empfahl sie den Grafs, ihren Sohn auf eine Hochbegabung hin testen zu lassen. Auch eine Lehrerin von Jan-Phillip, war eine große Stütze zu dieser Zeit. „Sie half uns enorm, gab uns viele Tipps, wie wir am besten vorgehen“, sagt Graf. Beispielsweise in Bezug auf die Testung der Hochbegabung. „Um hier sichergehen zu können, dass die Testung und das Ergebnis bestimmten Standards entsprechen, sollten sich Eltern an etablierte Organisationen wenden. Die helfen weiter“, erklärt Claudia Graf. Eine gute Anlaufstelle sei hier das Internationale Centrum für Begabungsforschung, kurz ICBF.
Graf und ihr Mann sind von Anfang an ganz offen mit der Hochbegabung ihres Sohnes umgegangen. Häufig erfahren sie sehr positive Resonanz. Doch leider nicht immer. „Hin und wieder bekommt man bissige Kommentare zu hören; den Umgang damit muss man lernen“, sagt Graf.
Geschichte studieren – neben der Schule
Jan-Phillip fiel es zunächst schwer, sich mit seinem Anderssein anzufreunden. „Ich wollte einfach so sein wie alle anderen“, resümiert er. Doch die Veränderungen, die nach seiner Testung eintraten, taten ihm und seiner Entwicklung sehr gut. Zunächst wechselte er zum Halbjahr von der vierten in die fünfte Klasse. Nach kurzer Zeit ging es ihm wieder besser.
Durch einen Tipp seines Physiklehrers kam Jan-Phillip im Alter von 13 Jahren das erste Mal in Kontakt mit der RUB. Neben der Schule studierte er bis zum Abitur Geschichte – am Ende fehlte ihm lediglich die Bachelorarbeit, um das Studium abzuschließen. 2015 machte er im Alter von 16 Jahren sein Abitur am Geschwister-Scholl-Gymnasium in Lüdenscheid. Danach zog es ihn nach Dresden; dort studierte er „Internationale Beziehungen“. Seit dem Wintersemester 2018/2019 macht er seinen Master in Genf im Fach Völkerrecht.
In Mathe bin ich eine Niete
Jan-Phillip Graf
Dass viele ihn als Überflieger abstempeln, mag Jan-Phillip aber gar nicht. „Es gibt einige Bereiche, in denen ich wirklich nicht gut bin. In Mathe bin ich zum Beispiel eine Niete“, räumt er ein. Und sagt in aller Deutlichkeit: „Mein Lebenslauf kann keineswegs als Vorbild für andere hochbegabte Kinder dienen.“
Jedes Kind sei anders und auch Hochbegabungen sehr unterschiedlich ausgeprägt. „Es ist sehr schwierig, pauschalen Empfehlungen Folge zu leisten, man muss von Kind zu Kind entscheiden“, sagt Claudia Graf, deren anderen beiden Söhne ebenfalls als hochbegabt gelten.