Eltern und Kinder finden Hilfe und Rat ohne lange Wartezeiten. © RUB, Marquard

Kinder Ist das noch normal?

Bei Eltern von kleinen Kindern können die Nerven schon mal blankliegen. Schnellen Rat und Hilfe finden Sie bei der Baby- und Kleinkindersprechstunde der RUB.

Ist das Schreien meines Babys noch normal? Warum kann ich es nicht beruhigen? Haben alle Kinder solche Trotzanfälle? Solche und andere Fragen treiben Eltern kleiner Kinder um und gelegentlich in die Krise. Die Baby- und Kleinkindsprechstunde im Forschungs- und Behandlungszentrum für psychische Gesundheit der RUB bietet ihnen schnelle Hilfe. Dr. Josephine Kliewer-Neumann leitet die Sprechstunde seit Januar 2021.

Frau Dr. Kliewer-Neumann, an wen genau richtet sich das Angebot?
Die Sprechstunde ist gedacht für Eltern von Kindern zwischen null und fünf Jahren. Typischerweise gibt es da je nach Alter Regulationsschwierigkeiten, die sich zum Beispiel darin ausdrücken, dass Babys viel schreien und nur schwer zu beruhigen sind, dass Kinder nicht ein- oder durchschlafen, oder dass sie mit negativen Emotionen nicht umgehen können und etwa Wutausbrüche haben. Auch mit dem Füttern oder Essen gibt es häufig Probleme.

Einige dieser Themen kennen alle Eltern – wann ist der Punkt erreicht, an dem man Hilfe suchen sollte?
Zu uns kommen natürlich auch Eltern mit massiven Problemen, die vielleicht schon beim Kinderarzt gewesen sind und verschiedene Hilfsangebote in Anspruch genommen haben. Es kommen aber auch Familien, die sich fragen: Ist das noch normal, wie mein Kind sich verhält? Ist es richtig, was ich tue?

Gerade jetzt in der Coronakrise fallen viele Möglichkeiten für junge Eltern weg, sich miteinander auszutauschen, zum Beispiel bei der Babymassage oder in Krabbelgruppen. Dadurch wächst die Unsicherheit. Wir laden ganz ausdrücklich auch diese Eltern ein, bei uns eine Einordnung zu bekommen. Man braucht keine Überweisung vom Kinderarzt, um sich bei uns zu melden. Es ist gut, sich frühzeitig Rat zu holen. Auch die Einschätzung, dass das Kind sich völlig normal entwickelt, vielleicht gerade eine Phase durchmacht, in der es viel zu verarbeiten hat, kann sehr entlastend sein.

Wie läuft typischerweise eine Beratung in der Sprechstunde ab?
Wer sich bei uns meldet, bekommt innerhalb von ein bis zwei Wochen einen Termin. Das geht also wesentlich schneller als bei Therapieangeboten, bei denen die Plätze sehr begrenzt sind.

Am Anfang geht es dann für uns darum, einen möglichst guten Eindruck vom Kind und der Familie zu bekommen, um möglichst passgenau beraten zu können. Wir können maximal fünf Termine anbieten – häufig genügen schon weniger, aber es ist für die Eltern gut zu wissen, dass sie wiederkommen können, wenn sie das Bedürfnis haben.

Die meisten Familien, die wir beraten, kommen danach alleine gut zurecht und brauchen keine weiteren Hilfsangebote. Sollte das nicht der Fall sein, können wir aber auch weitervermitteln, zum Beispiel zu Hilfsangeboten des Jugendamts oder in eine Therapie, die dann auch falls gewünscht hier im Forschungs- und Behandlungszentrum stattfinden kann.

Haben Sie Tipps für Eltern, wie man besser mit kleinen Kindern durch die Coronakrise kommt?
Wichtig ist es anzuerkennen, dass wir uns in einer Ausnahmesituation befinden. Schon für Erwachsene ist das schwer nachvollziehbar, für Kinder erst recht.

Junge Kinder profitieren sehr von Routinen und festen Strukturen. Wenn die durch die Schließung von Betreuungseinrichtungen und Homeoffice der Eltern wegfallen, verlieren sie sie. Es ist gut, dann eine regelmäßige Tagesstruktur aufrechtzuerhalten, indem man eine eigene Ersatzstruktur schafft.

Man kann auch versuchen, kurzfristig für Entlastung zu sorgen, zum Beispiel indem man sich im privaten Bereich bei der Betreuung unterstützt mit immer denselben Leuten. Man sollte auch seine Bedürfnisse als Eltern nicht allzu sehr vernachlässigen. Dinge wie regelmäßige Kino- oder Restaurantbesuche, die manche Eltern sich zur Routine gemacht hatten, fallen ja weg, da entfällt die Paarzeit oft ganz. Man könnte probieren diese Auszeiten auf anderem Wege nachzuholen.

Bei älteren Kindern ist es wichtig, ihre Gefühle ernst zu nehmen. Wenn ein Kind seinen Kummer darüber äußert, dass zum Beispiel bestimmte Freizeitmöglichkeiten wegfallen, sollte man das Gespräch anbieten und andere schöne Momente schaffen, die man dann vorbereitet wie einen Ausflug.

Veröffentlicht

Donnerstag
29. April 2021
08:48 Uhr

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