Zwei Nadelspitzen oder nur eine? Die Wahrnehmungsleistung lässt sich trainieren.
© RUB, Nelle

Hirnforschung Wie ältere Menschen lernen

Die im Alter verschlechterte Wahrnehmungsleistung verbessert sich durch Training und Lernen. Ob sich dabei auch das Gehirn verjüngt, haben Bochumer Neurowissenschaftler untersucht.

Die Forscher ließen Versuchspersonen verschiedenen Alters mit der Fingerkuppe zwei Nadelspitzen ertasten, die in engem Abstand zueinander standen. Ältere Personen nahmen die beiden Spitzen schon ab einem verhältnismäßig großen Abstand nur noch als eine wahr, während jüngere sie noch unterscheiden konnten. Diese Wahrnehmungseinschränkungen der älteren Menschen werden begleitet von einer räumlichen Ausbreitung der Hirnaktivität, was Wissenschaftler allgemein als Kompensationsmechanismus interpretieren.

Lernen und Training verbessern die Wahrnehmung

„Die altersbedingte Beeinträchtigung der Wahrnehmung ist jedoch nicht unumkehrbar, sondern kann durch Training und Lernen verbessert werden“, erklärt Privatdozent Dr. Hubert Dinse vom Neural Plasticity Lab der RUB. Die Frage, die sich die Forscher stellten, war, ob sich dabei auch die altersbedingten Hirnveränderungen zurückbilden. Kommt es also durch Training und Lernen zu einer „Verjüngung“ des Gehirns?

Lernen weitet Gehirnaktivität ebenfalls aus

Aus Untersuchungen an jüngeren Erwachsenen weiß man, dass Lernprozesse meist von einer gesteigerten und verbreiterten Gehirnaktivität begleitet werden. Wenn es stimmt, dass altersbedingte Beeinträchtigungen der Wahrnehmungsleistung durch Lernen rückgängig gemacht werden können, sollte Lernen im Alter einen anderen Einfluss auf das Gehirn haben als bei jungen Erwachsenen: Die altersbedingte Ausbreitung der Hirnaktivierungen sollte sich zurückentwickeln.

Wie die Bochumer Neurowissenschaftler jetzt aber festgestellt haben, ist das Gegenteil der Fall: Lernprozesse führen auch bei älteren Menschen zu einer Ausbreitung der Hirnaktivität, die von einer verbesserten Wahrnehmungsleistung begleitet ist.

Computersimulationen lösen das Rätsel

Computersimulationen zeigten, dass die Gesamtheit der beobachteten altersbedingten Veränderungen nur durch eine Abschwächung von Mechanismen erklärbar sind, die die räumliche Ausbreitung von Aktivität verhindern und so fokussiert halten. Im Gegensatz dazu sind die beobachteten Lernprozesse durch eine allgemein erhöhte Erregbarkeit zu erklären. Dieser Lerneinfluss auf das Gehirn gilt sowohl für junge als auch ältere Menschen. Das ältere Gehirn lernt also nach den gleichen Prinzipien wie das jüngere.

Ausführliche Presseinformation

Unveröffentlicht

Von

Meike Drießen

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