Kasper Fischer leitet das seismologische Observatorium der RUB.
© RUB, Marquard

Interview Das sollten Sie über Erdbeben wissen

Ein schweres Erdbeben hat Italien erschüttert. Besteht in Deutschland dieselbe Gefahr? Ein RUB-Forscher schätzt die Lage ein.

Zentral-Italien ist in der Nacht vom 23. auf den 24. August 2016 von einem Erdbeben der Stärke 6,2 erschüttert worden. Ein Dorf stürzte zusammen, es gab Tote und Verletzte. Auch die Messstationen der RUB, die vom Institut für Geologie, Mineralogie und Geophysik betrieben werden, haben die Erschütterungen registriert. Chef-Seismologe Dr. Kasper Fischer erklärt die wichtigsten Facts zum Thema Erdbeben.

Konnte man das Beben in Italien nicht vorhersehen?
Prinzipiell wissen die Leute dort, dass es zu Beben kommen kann. Zum Beispiel gab es 2009 im nicht sehr weit entfernten Ort L’Aquila ein ähnlich schweres Beben. Aber wann es soweit ist, kann man nicht vorhersehen.

Sind alle gefährdeten Regionen auf der Erde bekannt?
Ja. Es sind Regionen, die an den Grenzen der tektonischen Platten liegen. Das sind die Westküste Amerikas, Indonesien, Japan, Zentral-Asien und in Europa Italien, Griechenland und Island.
Trotzdem kommt es hin und wieder auch zu Überraschungen. Ende Juli 2016 gab es zum Beispiel in der Nähe von Paderborn ein Beben, obwohl die Region als erdbebensicher gilt. Es war aber so leicht, dass die Menschen nichts gemerkt haben.

Eine Besonderheit im Ruhrgebiet sind Beben, die durch den Bergbau hervorgerufen werden.

Müssen wir in Bochum auch Erdbeben fürchten?
Das Ruhrgebiet wird als risikolos eingestuft. Eine Besonderheit sind hier allerdings Beben, die durch den Bergbau hervorgerufen werden. Bei uns gibt es durch die ganzen Schächte viele Hohlräume unter der Erde. Die darüberliegenden Gesteinsschichten hängen gewissermaßen durch. Das erzeugt Spannungen in der Erde. Obwohl die nur leicht sind, spüren wir die Beben teilweise, weil sie nicht sehr tief in der Erde stattfinden.

Für die Stärke des Bebens in Italien gibt es leicht unterschiedliche Angaben. Das Geophysische Institut Potsdam gibt eine Stärke von 6,1 an, das United States Geological Survey 6,2. Wie kommt es zu der Differenz?
Der Wert gibt an, wie stark die Energiefreisetzung an der Quelle des Bebens ist. Dort kann man aber natürlich nicht messen. Stattdessen mittelt man die Werte von verschiedenen Messstationen und berechnet die Erdbebenstärke anschließend mit Hilfe bestimmter Verfahren.

Die Amerikaner und die Potsdamer haben natürlich nicht überall auf der Welt ihre eigenen Messstationen stehen. Viele Stationen, auch unsere, sind in Netzwerke integriert, sodass Kollegen von überall her auf die Daten zugreifen können.

Haben Sie das Beben in Italien auch mit Ihren Bochumer Messstationen aufzeichnen können?
Ja, insgesamt haben wir 24 Messstationen, einige davon in NRW, andere im Alpenvorland. Alle senden ihre Daten in Echtzeit über das Internet an uns. Allerdings haben wir mit 6,0 einen kleineren Wert ermittelt, was daran liegt, dass alle unsere Messstationen nördlich der Alpen aufgestellt sind.

Bei Erdbeben kommt es zu Verschiebungen entlang einer Bruchfläche in der Erdkruste, vor allem entlang von Plattengrenzen.

Wie entstehen Erdbeben?
Ursache sind mechanische Spannungen, die in der Erde auftreten. Werden sie zu stark, bricht das Gestein, und die Erde bebt. Meistens handelt es sich um sogenannte tektonische Erdbeben. Dabei kommt es zu Verschiebungen entlang einer Bruchfläche in der Erdkruste, vor allem entlang von Plattengrenzen.

Wie soll man sich bei einem Erdbeben verhalten?
Ist man in einem Gebäude, sollte man Schutz unter einem stabilen Tisch oder einem Türrahmen suchen. Alternativ kann man sich neben eine tragende Innenwand legen. Ist man draußen, so wird empfohlen, einen freien Platz aufzusuchen, entfernt von Häusern, Bäumen und überirdischen Stromleitungen. Sitzt man im Auto, sollte man dieses nicht verlassen und einen Platz am Straßenrand aufsuchen, der ebenfalls vor einstürzenden Gebäuden oder Bäumen geschützt ist.

Unveröffentlicht

Von

Raffaela Römer

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