Karina Krause ist Expertin für das Erstellen von Gebäude-Ökobilanzen.
© RUB, Kramer

Wohnungen Klimaschonend bauen

Stahlbeton, Ziegel, Kalksandstein oder Holz – was der Umwelt guttut, berechnet Karina Krause.

Frau Krause, Sie arbeiten am Lehrstuhl für ressourceneffizientes Bauen – der Name legt nahe, dass das Bauen nachhaltiger gestaltet werden könnte, als es aktuell erfolgt. Woran genau forschen Sie?
Wir beschäftigen uns zum Beispiel damit, wie Umweltaspekte und Materialeffizienz zusammenhängen oder wie man bereits in der Planungsphase eines Gebäudes dessen Recycling berücksichtigen kann. Dazu müssen wir zunächst einmal erheben, welche Materialien aktuell wie häufig verbaut sind – und in welcher Qualität.

Wie machen Sie das?
Bei uns am Lehrstuhl liegt der Fokus zurzeit auf Wohngebäuden in Deutschland. Wir schauen uns viele unterschiedliche Typen an, vom Einfamilienhaus über das Reihenhaus bis zu Hochhäusern. Auch die Bauepoche und der Konstruktionstyp – etwa Stahlbeton oder Kalksandstein – spielen bei unserer Kategorisierung eine Rolle.

Ein Gebäude ist natürlich ein Sammelsurium von Materialien. Man kann Pi mal Daumen schätzen, welcher Stoff in welcher Menge vorkommt; aber wir wollen es ganz genau wissen. Deshalb berechnen wir anhand von Konstruktionsplänen exakt, wie viel von welchem Material in den verschiedenen Gebäudetypen verbaut ist.

Ein Holzhaus muss heute gar nicht mehr wie eines aussehen.

Welcher Baustoff hat denn in Deutschland die Nase vorn?
Ganz klar Beton, dahinter folgt Stahl. Bei unserer Arbeit interessieren wir uns unter anderem für den Anteil von Holz, weil es Kohlenstoff speichert. Uns treibt die Frage um, ob man mit mehr Holz im Wohnungsbau etwas zu den Klimaschutzzielen beitragen könnte. Bislang spielt Holz als Baustoff in Deutschland aber eine untergeordnete Rolle. Dabei muss ein Holzhaus heute gar nicht mehr wie eines aussehen. Es kann verputzt werden, und man erkennt von außen nicht, woraus die Tragkonstruktion besteht.

Holz als Kohlenstoffspeicher

Bäume nehmen bei der Fotosynthese Kohlendioxid auf und speichern den so gebundenen Kohlenstoff im Holz über lange Zeit – auch wenn sie gefällt und in ein Haus eingebaut werden. Die Idee: Wenn an ihrem alten Platz im Wald neue Bäume nachwachsen, entstehen zusätzliche Kohlenstoffspeicher.

Haben Sie schon eine Antwort auf die Frage, ob der Holzbau beim Erreichen der Klimaschutzziele helfen kann?
Die Antwort ist ja – mit Bedingungen. Wenn mehr Holz im Wohnungsbau zum Einsatz käme, würde das dem Klima helfen. Aber das darf man nicht pauschal sehen. Wir werden die Klimaschutzziele nicht allein dadurch erreichen, dass wir ab jetzt nur noch Holzhäuser bauen. Wichtig ist auch, ressourceneffizient zu arbeiten, also möglichst sparsam mit den Materialien umzugehen.

Gerade bei Holzhäusern muss man zum Beispiel den Brandschutz mitbedenken. Um den zu gewährleisten, müssen in großen Gebäuden die Holzträger verkleidet werden. Das braucht viel Material und ist für diesen Gebäudetyp eventuell nicht die sinnvollste Lösung. Es kommt immer auf den Einzelfall an.

Vermutlich reicht es auch nicht aus, nur die Bauphase zu betrachten.
Wenn wir Ökobilanzen für verschiedene Gebäudetypen berechnen, betrachten wir immer den gesamten Lebenszyklus, von der Herstellung der Baustoffe über den Bau und Betrieb bis zum Recycling. Sinnvoll wäre es, wenn schon bei der Planung eines Neubaus mitgedacht würde, wie aufwendig es später ist, die verwendeten Materialien zu recyceln.

Dann stellen sich Fragen wie: Ist in dem Material noch Energie? Kann man es verbrennen und damit Energie erzeugen? Oder hat es sogar so eine hohe Qualität, dass man es erneut verbauen oder anderweitig nutzen kann?

Können Sie ein Fernziel dieser Arbeit beschreiben?
Es ist entscheidend, sich nicht auf ein Problem zu fokussieren. Wir müssen die Zusammenhänge bei den Klimadiskussionen im Baubereich beachten und die Gebäude weiter optimieren, um beide Ziele – Klimaschutz und Ressourceneffizienz – zu erreichen.

Dämmstoffe können sehr hohen Aufwand bedeuten.

Wir wollen Informationsgrundlagen schaffen, um etwa das Recyclingpotenzial im Wohnungsbau zu erfassen und zu steigern. Dabei geht nicht nur darum, welche Materialien verwendet werden, sondern auch um die Art, wie sie verbaut werden. Ein Beispiel – auch wenn wir selbst nicht daran forschen – sind Wärmedämmverbundsysteme. Sie sind so verklebt, dass es ein enormer Aufwand ist, sie in ihre einzelnen Bestandteile zu zerlegen. Für die Energiebilanz der Nutzung ist es natürlich gut, Häuser zu dämmen. Aber wenn man weiterdenkt, an den Abriss eines Hauses, können die Dämmstoffe sehr hohen Aufwand bedeuten.

Wir reden natürlich über extreme Zeitspannen. Wenn man bei der Planung eines Gebäudes solche Aspekte berücksichtigen will, muss man schon mal 50 Jahre in die Zukunft denken.

Zur Person

Karina Krause ist Doktorandin am Lehrstuhl für ressourceneffizientes Bauen, den Prof. Dr. Annette Hafner leitet. Sie studierte Umwelttechnik und Ressourcenmanagement an der RUB. Während ihrer Promotion erstellt sie eine Datenbank, in der für viele verschiedene Wohngebäudetypen die enthaltenen Materialien erfasst sind. Darauf aufbauend analysiert sie, wie Recyclingpotenziale visualisiert und quantifiziert werden können. So liefert Karina Krause eine Datengrundlage, auf der basierend Konzepte für einen optimierten Materialkreislauf auf Gebäudeebene entstehen können.

Veröffentlicht

Montag
23. Oktober 2017
09:31 Uhr

Von

Julia Weiler

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