Die beiden Erstautoren Nora Möller und Daniel Todt © RUB, Marquard

Virologie Wirkstoff weckt Hoffnung auf Heilung von Hepatitis E

Mahagonigewächse produzieren Silvestrol, das in Zellkultur und bei Mäusen die Vermehrung der Viren hemmte.

Gegen Hepatitis E gibt es bisher keine spezifische Therapie: Rund 70.000 Menschen sterben weltweit jährlich daran. Ein internationales Forscherteam hat nun in dem natürlich vorkommenden Stoff Silvestrol einen möglichen Wirkstoff gegen das Virus gefunden. Sowohl in Zellkultur als auch im Mausmodell hemmte die Substanz die Vermehrung der Erreger. Die Forscher um Dr. Daniel Todt und Prof. Dr. Eike Steinmann von der Abteilung für Medizinische und Molekulare Virologie der RUB berichten im Journal „Antiviral Research“ vom 23. Juli 2018.

Mahagonigewächse bilden Wirkstoff

Silvestrol wird von rund 400 verschiedenen Arten von Mahagonipflanzen gebildet und lässt sich aus deren Blättern extrahieren. Beim Screening möglicher Wirkstoffe gegen Hepatitis E untersuchten die Forscher die Wirkung von Silvestrol auf das Virus. „Wir haben dazu zuerst sogenannte Reporterviren in Zellkulturen mit Silvestrol behandelt und festgestellt, dass sie sich weniger stark vermehrten als ohne die Behandlung“, erklärt Daniel Todt.

Vermehrungsrate der Viren sank ab

Im nächsten Schritt nutzten die Forscher Stammzellen, die sie zu Leberzellen ausdifferenziert hatten. Sie infizierten sie mit Hepatitis-E-Viren und beobachteten den Infektionsverlauf mit und ohne Silvestrol mehrere Tage lang. Ergebnis: Nach der Behandlung mit Silvestrol sanken die Vermehrungsrate und die Zahl der infizierten Zellen stark ab.

Um zu untersuchen, ob der Wirkstoff die Virusvermehrung auch in lebenden Organismen hemmt, testeten sie seine Wirkung bei Mäusen, denen menschliche Leberzellen eingepflanzt und mit Hepatitis E infiziert wurden. Auch bei ihnen führte die Behandlung mit Silvestrol dazu, dass sich die Viren weniger häufig replizierten. Schädliche Nebenwirkungen blieben in geringer Dosierung aus.

Hepatitis E

Das Hepatitis-E-Virus (HEV) ist der Hauptverursacher akuter Virus-Leberentzündungen. Nach dem ersten dokumentierten epidemischen Ausbruch 1955 bis 1956 vergingen mehr als 50 Jahre, bis Forscher sich intensiv des Themas annahmen.

Akute Infektionen heilen bei Patienten mit intaktem Immunsystem normalerweise von selbst aus. Bei Patienten mit reduziertem oder unterdrücktem Immunsystem wie Organtransplantatempfängern oder HIV-infizierten Patienten kann HEV chronisch werden. Auch für schwangere Frauen ist HEV besonders bedrohlich. Ribavirin ist der einzige bisher im Einsatz befindliche Wirkstoff, der aber nicht in allen Fällen wirkt.

Diese Ergebnisse wecken die Hoffnung, dass Silvestrol ein wirksames Mittel gegen Hepatitis E sein könnte. „Das klinische Potenzial muss in weiteren Studien ausgelotet werden“, so Eike Steinmann. „Unsere Untersuchungen legen dafür den Grundstein.“

Die Bochumer Forscher sind die ersten, die ein umfassendes Testsystem für Wirkstoffe gegen das Hepatitis-E-Virus von der Zellkultur über Stammzellen bis hin zum Tiermodell aufgebaut haben.

Veröffentlicht

Freitag
27. Juli 2018
09:24 Uhr

Von

Meike Drießen

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