Um sich in der virtuellen Welt bewegen zu können, ohne in der realen Welt vor Wände zu laufen, gibt es am Lehrstuhl für Informatik im Bauwesen ein besonderes System. © RUB, Kramer

Themenwoche Digital total Ein virtueller Rundgang durchs geplante Gebäude

Mit dieser Technik kann beim Einrichten eines neuen Eigenheims eigentlich nichts mehr schiefgehen. Aber sie ist weit mehr als bloße Spielerei.

Welche Tapete sieht im Wohnzimmer gut aus? Passt die Couch wirklich in die Nische? Und welche Farbe sollten die neuen Stühle haben? Sich im Geiste vorzustellen, wie die Inneneinrichtung eines Gebäudes aussehen wird, ist oft gar nicht einfach. Dank Computern kann man zwar inzwischen virtuelle Möbelstücke am Bildschirm hin und her schieben, aber der Eindruck in der realen Welt ist häufig doch ein anderer. Viele Fallstricke erkennt man am Monitor trotzdem nicht, etwa dass ein Durchgang zu schmal ist. Abhilfe schaffen könnte die virtuelle Realität (VR).

Am RUB-Lehrstuhl für Informatik im Bauwesen arbeitet das Team um Prof. Dr. Markus König daran, virtuelle Welten möglichst schnell möglichst realitätsgetreu zu erstellen. „Wir wollen den Prozess so weit wie möglich automatisieren“, erzählt König. Und das ist eine Herausforderung. Denn anders als zum Beispiel bei einem animierten Kinofilm ändert sich die Perspektive des Betrachters ständig, weil er sich durch die virtuelle Welt bewegt. So müssen in Echtzeit ständig neue Bilder gerendert werden. Dabei kommt es auch auf Kleinigkeiten an, etwa darauf, dass die Lichtreflexionen auf spiegelnden Oberflächen passen. Überhaupt müssen jedem Objekt bestimmte Eigenschaften zugewiesen werden, damit die Simulation zum Beispiel weiß, welche Gegenstände fest sind und wo nur Luft ist – damit die Nutzer nicht durch Wände und Möbel hindurchlaufen können.

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„Die VR ist nicht nur zur Visualisierung da“, erklärt Markus König, „sondern zur Interaktion. Die Nutzer sollen einen echten Mehrwert haben.“ Dabei geht es nicht nur darum, Wohngebäude möglichst schick einzurichten, sondern vor allem auch darum, ein Gebäude vor dem Bau virtuell auf seine Funktionalität zu prüfen. „Aktuell kommt es immer noch zu nachträglichen Änderungen während des Bauprozesses, da Probleme auftreten oder Wünsche der Nutzer zu spät eingeflossen sind oder nicht nachvollziehbar erfasst wurden“, schildert König. Diese Stolpersteine sollen künftig durch Begehungen der virtuellen Gebäude vor dem Baustart verhindert werden.

Virtuelles Krankenhaus im Funktionstest

In Kooperation mit dem Team um Prof. Dr. Angelo Luigi Camillo Ciribini von der Universität in Brescia haben die RUB-Ingenieure zum Beispiel ein Krankenhaus modelliert und vor dem Bau auf Barrierefreiheit überprüft. Aus der Sicht eines Rollstuhlfahrers konnten Testpersonen durch die virtuellen Flure fahren. So stellte sich zum Beispiel heraus, dass die Türöffner an Stellen eingeplant waren, die für Rollstuhlfahrer kaum erreichbar waren. Auch die Perspektive eines Menschen mit Sehbehinderung konnte das virtuelle Modell simulieren.

Markus König leitet an der RUB den Lehrstuhl für Informatik im Bauwesen. © RUB, Kramer

In einem anderen Projekt stellten die Forscher einen Brand in einem Gebäude nach und überprüften, ob die Fluchtwegschilder trotz Rauch lesbar waren und wie lange es dauerte, bis Menschen aus dem Gebäude fliehen konnten.

So könnte die VR künftig Bauprozesse effizienter und Inneneinrichtungen praktischer machen.

Veröffentlicht

Mittwoch
24. Oktober 2018
09:14 Uhr

Von

Julia Weiler

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