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Studie stellt Annahmen über Ursachen von Parkinson in Frage
Ein internationales Forscherteam mit Beteiligung des RUB-Proteinforschers Prof. Dr. Klaus Gerwert und seinem Team hat eine gängige Annahme über die Ursache der Parkinson-Krankheit widerlegt. Das Team konnte nachweisen, dass die für Parkinson charakteristischen Einschlüsse in den Nervenzellen des Gehirns in den meisten Fällen nicht wie bisher angenommen aus sogenannten Proteinfibrillen bestehen, sondern vielmehr aus einem Gemenge von Fragmenten aus Zellmembranen. Die Forscherinnen und Forscher berichten im Journal Nature Neuroscience vom 24. Juni 2019.
Ansammlungen in verschiedenen Hirnbereichen
Die Parkinson-Krankheit zählt zu den häufigsten neurodegenerativen Erkrankungen weltweit. Sie geht einher mit motorischen Defiziten wie dem typischen Zittern von Armen und Beinen, langsamen Bewegungen sowie Muskelstarre, die zusammen mit anderen nicht-motorischen Symptomen auftreten. Kennzeichen der sich über Jahrzehnte unaufhaltsam verschlimmernden Krankheit sind unter anderem neuronale Einschlüsse, sogenannte Lewy-Körperchen, die sich in verschiedenen Bereichen des menschlichen Gehirns ansammeln. Jahrzehntelang hat man angenommen, dass die Parkinson-Krankheit durch die Ablagerung von unlöslichen faserartigen Bestandteilen des Proteins Alpha-Synuclein in den Lewy-Körperchen verursacht wird. Experten sprechen von Fibrillen.
Neuronale Einschlüsse mit überraschender Füllung
Niederländische, deutsche und Schweizer Forscherinnen und Forscher, darunter auch das Team von Klaus Gerwert, widerlegen in ihrer aktuellen Studie diese gängige These. Mit modernen Elektronenmikroskopen in Kombination mit markerfreier Coherent Antistokes Raman Spectroscopy konnten sie zeigen, dass die Lewy-Körperchen statt der erwarteten Alpha-Synuclein-Fibrillen hauptsächlich Membranfragmente, Lipide und anderes zelluläres Material enthalten.
Unerwartete Entdeckung
„Wir haben mit korrelativer Licht- und Elektronenmikroskopie das Gehirngewebe von Parkinson-Patienten angeschaut und herausgefunden, dass die Lewy-Körperchen hauptsächlich aus Membranfragmenten von Mitochondrien und anderen Organellen bestehen, aber keine oder nur verschwindend wenige Proteinbestandteile aufweisen“, so Henning Stahlberg vom Biozentrum der Universität Basel aus der Schweiz. „Diese Entdeckung war für uns und das ganze Forschungsgebiet völlig unerwartet.“
Annahmen müssen hinterfragt werden
Im Moment wissen die Forscher noch nicht, wo und in welcher Form sich das Protein Alpha-Synuclein zwischen den Membranfragmenten versteckt, und auf welche Art und Weise es zur Bildung der Lewy-Körperchen beträgt. Die Arbeit zeige jedoch, dass das Labormodell der Alpha-Synuclein-Fibrillen als Ursache und Mechanismus der Parkinson-Krankheit hinterfragt werden sollte. „Unsere Entdeckung deutet darauf hin, dass die Suche nach den Krankheitsursachen stärker durch Erforschung der Pathologie im Menschen geleitet werden sollte“, so Stahlberg.
Anhaltspunkte für Therapieansätze
Mit ihrer Arbeit werfen die Forscher viele neue Fragen zur Bedeutung der Lewy-Körperchen bei der Entstehung von Parkinson auf. Die Aufklärung solcher Zellstrukturen liefert zudem wichtige Anhaltspunkte darüber, wie man die Bildung von Lewy-Körperchen und die Zerstörung der Zellstrukturen im Gehirn therapeutisch reduzieren oder stoppen könnte.
Sarah H. Shahmoradian et al.: Lewy pathology in Parkinson’s disease consists of crowded organelles and lipid membranes, in: Nature Neuroscience, 2019, DOI: 10.1038/s41593-019-0423-2
28. Juni 2019
12.25 Uhr