Optogenetik Lichtaktivierbare Proteine gezielt herstellen
Bislang verläuft die Entwicklung hauptsächlich nach dem Prinzip „Versuch und Irrtum“. Eine neue Methode könnte künftig viel Zeit sparen.
Eine neue Strategie für das Design lichtsensitiver Proteine haben Forscherinnen und Forscher der RUB entwickelt. Solche Proteine, auch optogenetische Werkzeuge genannt, können durch Lichtimpulse an- und ausgeschaltet werden, wodurch sie gezielt zelluläre Prozesse auslösen. Mit ihrer Hilfe lässt sich beispielsweise in lebenden Organismen untersuchen und steuern, wie Nervenzellen Signale weiterleiten. Bislang mussten Forscher bei der Entwicklung optogenetischer Werkzeuge viel nach dem Versuch-und-Irrtum-Prozess vorgehen. Eine Kombination aus computergestützten und experimentellen Verfahren ermöglicht nun eine gezieltere Herangehensweise.
Das Team um Prof. Dr. Stefan Herlitze, Lehrstuhl für Allgemeine Zoologie und Neurobiologie der RUB, und Prof. Dr. Klaus Gerwert, Lehrstuhl für Biophysik der RUB, berichtet zusammen mit einem Kollegen aus Münster über das Verfahren in der Zeitschrift „Chembiochem“, die dem Thema das Cover der Ausgabe vom 15. Juli 2019 widmete.
Proteine mit Licht an- und ausschalten
„Häufig wird mehr als nur ein optogenetisches Werkzeug benötigt, etwa wenn zwei verschiedene Prozesse in einer Zelle unabhängig voneinander gesteuert werden sollen“, erklärt Raziye Karapinar vom Lehrstuhl für Allgemeine Zoologie und Neurobiologie. „Daher müssen wir gewährleisten, dass sich die Farbsignale für die zwei Werkzeuge nicht überlagern“, ergänzt der Bochumer Biophysiker Dr. Till Rudack.
Das Forscherteam um Klaus Gerwert und Stefan Herlitze hat eine Hybridstrategie zum gezielten Protein-Engineering optogenetischer Werkzeuge entwickelt. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler kombinierten computergestützte Berechnungsverfahren mit elektrophysiologischen Messungen. Sie arbeiteten dabei mit dem Protein Melanopsin, einem bekannten optogenetischen Werkzeug.
Neue Melanopsin-Varianten
Mit der entwickelten Strategie tauschte die Gruppe gezielt Proteinbausteine in Melanopsin aus und manipulierte so die Lichtfarbe zur Aktivierung des Moleküls, ohne die Proteinfunktion zu beeinträchtigen.
Die Lichtfarbe, bei der die normale Version des Melanopsins aktiviert wird, überlappt mit der von vielen anderen optogenetischen Werkzeugen, sodass diese nicht kombiniert werden können. „Ich bin überzeugt, dass diese neue Melanopsin-Variante zukünftig mit anderen optogenetischen Werkzeugen kombiniert werden kann, um komplexe zelluläre Prozesse zu steuern“, sagt Stefan Herlitze.
„Gegenüber klassischen Verfahren des Protein-Engineerings wie Versuch-und-Irrtum besteht der Clou unserer Methode darin, dass wir durch automatische computergestützte Vorhersagen, die sich parallel auf mehreren Computerclustern zeitgleich berechnen lassen, eine enorme Zeitersparnis erzielen“, fasst Klaus Gerwert zusammen.