Viktor Scherer bei der Untersuchung des Fließverhaltens von Modellpartikeln in einem Schachtofenexperiment
© RUB, Marquard

Neuer Sonderforschungsbereich Den CO2-Fußabdruck der Industrie verkleinern

Ingenieure wollen großindustrielle Produktionsverfahren effizienter machen.

Ein Forschungsteam der RUB startet mit Kollegen der Universität Magdeburg den neuen Sonderforschungsbereich 287 „Bulk-Reaction“. Ziel ist es, mit Computersimulationsmodellen energieintensive Partikel-Produktionsverfahren effizienter zu machen. Im Visier sind Produktionsprozesse wie zum Beispiel die Herstellung von Zement oder Keramik in Hochtemperaturöfen. Die Teams wollen den bisher kaum beherrschbaren Einsatz von Material und Energie präziser berechnen und damit sowohl den Verbrauch fossiler Brennstoffe als auch den CO2-Ausstoß reduzieren.

17 Prozent des deutschen Energiebedarfs

Bei thermischen Produktionsverfahren, wie sie in Öfen bei der Weiterverarbeitung von Erzen und Baustoffen oder der Produktion von Stahl, aber auch bei der Kaffeeröstung beziehungsweise Trocknung von Tabletten stattfinden, werden die Partikel der zu verarbeitenden Grundstoffe, Lebensmittel oder Medikamente bewegt und die Schüttung durch ein Gas durchströmt. Die durch die Strömung ausgelösten chemischen Reaktionen dienen zur Weiterverarbeitung der Partikel.

Endlich in den Ofen hineinschauen

„Die Berechnungen der chemischen Reaktionen zwischen den Partikeln und den Gasen haben große Schwächen und sind nur sehr vage. Da ist noch sehr viel Trial und Error“, beschreibt der Sprecher des Verbunds, Prof. Dr. Viktor Scherer, Inhaber des Lehrstuhls für Energieanlagen und Energieprozesstechnik an der RUB, das Problem. Dadurch werde das Potenzial der Verfahren nicht ausgeschöpft, die Prozesse verliefen suboptimal und es entstünden Einbußen bei der Qualität der Produkte, zum Beispiel beim Röstgrad von Kaffeebohnen, beim Energieverbrauch und der Nutzung fossiler Ressourcen.

Der Grund des fehlenden Einblicks liege einerseits in der schieren Größe der Produktionsanlagen und andererseits bei den hohen Temperaturen von bis zu 2.000 Grad Celsius. Das macht Messungen schwierig bis unmöglich: „Wir wissen also genau, was da in den Ofen hineingeht, und wir wissen ziemlich gut, was herauskommt. Aber wir wollen nun endlich auch reingucken“.

Rund 40 Forscherinnen und Forscher

Um dieses Ziel zu erreichen, verfolgen die beiden Forschungsteams erstmals einen neuen Ansatz: Sie koppeln numerische Berechnungen und computerbasierte Simulationen mit innovativen experimentellen Messtechniken, um die Berechnungen anschließend zu überprüfen und zu validieren.

Im von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) mit fast 10 Millionen Euro geförderten Sonderforschungsbereich werden rund 40 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus den Ingenieurwissenschaften, der Informatik und Physik innerhalb der nächsten vier Jahre gemeinsam Computersimulationsmodelle entwickeln und diese anschließend durch neuartigen experimentellen Messverfahren validieren.

Veröffentlicht

Freitag
29. Mai 2020
11:25 Uhr

Teilen