Biologie Zwischen den Kiefern der Fressfeinde
Wer oder was steht im Forschungsalltag unter Druck? Bei Biologe Sebastian Kruppert sind es Wasserflöhe, die sich gegen die zubeißenden Kiefer ihrer Fressfeinde wehren. Wie das gelingt, erklärt er in unserer Serie.
Beutetiere geraten mehrfach unter Druck, wenn Räuber in der Nähe sind. Der sogenannte Räuberdruck ist abhängig von der Anzahl und Vielfalt der Fressfeinde in der Umgebung. In meiner Forschung beschäftige ich mich mit Wasserflöhen, die in stillen Süßgewässern scheinbar ein gefundenes Fressen für viele Räuber sind: Rückenschwimmer, Büschelmückenlarven, junge Fische und der Urzeitkrebs Triops haben es auf sie abgesehen. Wasserflöhe treten ihren Fressfeinden aber nicht nur mit ihrem Krebspanzer entgegen, sondern auch mit induzierbaren Verteidigungen. Bei hohem Raubdruck können sie ihre Entwicklungsgeschwindigkeit oder ihr Verhalten anpassen, mitunter sogar ihre Morphologie abwandeln und Helme, Nackenzähne, Dornenkronen oder Kopfkämme ausbilden.
Stabilerer Panzer
Neben diesen auffälligen morphologischen Verteidigungen haben wir festgestellt, dass sich auch die innere Struktur des Panzers gegen den Räuberdruck wappnet. Und das ist hier ganz wörtlich zu nehmen. Gegen den Beißdruck der Büschelmückenlarven-Kiefer lässt der Wasserfloh Daphnia pulex seinen Panzer dicker werden. Es werden mehr Chitinfasern eingelagert, wodurch der Panzer so stabil wird, dass eine durchschnittliche Büschelmückenlarve ihn nicht mehr zerdrücken kann.