Von Elektronik hängt viel ab. Daher muss sie vor unbefugten Einflüssen bestmöglich geschützt werden.
© RUB, Marquard

Elektrotechnik Know-how-Schutz für vertrauenswürdige Elektronik

Wenn man elektronische Bauteile zunächst in für sich allein wertlosen Einzelteilen baut, die man später zusammensetzt, kann man sie besser vor unbefugtem Zugriff schützen.

Unser Alltag wird zunehmend von moderner Mikroelektronik beeinflusst. Der muss man vertrauen können: Ob bei selbstfahrenden Autos oder Servicerobotern – es muss sicher sein, dass alles funktioniert und keine Manipulationen oder unbekannte Zusatzfunktionen möglich sind. Das Team des Lehrstuhls Integrierte Systeme der RUB von Prof. Dr. Nils Pohl forscht gemeinsam mit weiteren Partnern am Know-how-Schutz für vertrauenswürdige heterogene Elektroniksysteme. Das Projekt namens VE-REWAL unter Koordination des Instituts für Theoretische Elektrotechnik und Mikroelektronik der Universität Bremen wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung im Rahmen der Leitinitiative „Vertrauenswürdige Elektronik“ mit rund sechs Millionen Euro gefördert und läuft bis April 2024.

Chipfunktionen auf mehrere Bauteile verteilt

Elektronik wird heute nicht mehr in einem Land und an einem Ort, sondern in vielen Teilschritten rund um den Globus entwickelt und produziert. Wer weiß schon, ob dabei alles mit rechten Dingen zugeht, ob einwandfreie Qualität produziert und keine versteckten Funktionen eingebaut werden? Ziel von VE-REWAL ist es, Methoden und Technologien für die Realisierung von Plattformlösungen für vertrauenswürdige vielschichtige Elektroniksysteme zu erforschen. Dabei setzt das Projektteam auf eine neuartige Systempartitionierung und ein neues Systempackaging. Die Funktionen einzelner Chips werden auf mehrere einfachere Bauteile – sogenannte Chiplets – verteilt. Diese werden erst für das Endprodukt wieder zusammengefügt.

Der Vorteil ist, dass so sowohl die Funktionsweise als auch das geistige Eigentum gegenüber Dritten verschleiert werden. Die Funktionen der Signalverarbeitung werden auf verschiedene Chiplets so verteilt, dass einzelne Chiplets für Angreifer wertlos sind. So kann das Gesamtsystem geschützt und gleichzeitig auf unterschiedliche Lieferanten zurückgegriffen werden. Im Package werden die Chiplets der Signalverarbeitung dann zusammen mit Hochfrequenzschaltungen und Antennen zusammengefügt.

Damit sich selbstfahrende Autos auf ihre Sensoren verlassen können

Das Team des Lehrstuhls für Integrierte Systeme evaluiert die Chiplet-Technologie für einen Radarsensor im Auto. „Insbesondere zukünftige autonome Fahrzeuge müssen sich stets auf ihre Sensoren verlassen können, aber gerade im Bereich der Hochfrequenztechnik ist eine Zerteilung eines Chips in mehrere Chiplets mit großen Schwierigkeiten verbunden, da die Schnittstellen zwischen den Chiplets große Verluste und Signalstörungen hervorrufen können“, erklärt Nils Pohl. „Unsere Aufgabe ist es, im Projekt diese Radar-Chiplets zu entwerfen und hierbei die Schnittstellen zwischen den Chiplets zu optimieren.“ Der Projektpartner Infineon übernimmt mit seiner SiGe-Hochfrequenztechnologie die Fertigung der Chiplets. Anschließend übernehmen Infineon und Fraunhofer IZM die Herstellung eines Packages für mehrere Radar-Chiplets auf Basis dieser Entwürfe. „Schlussendlich möchten wir dann in Systemmessungen des Radar-Sensors diesen neuen Ansatz verifizieren“, so Pohl. „Der Ansatz ermöglicht die Partitionierung des Systems, und nicht nur die Zerlegung in vertrauenswürdige Teilkomponenten, sondern auch die Modularisierbarkeit eines komplexen Sensors, bei dem wir beispielsweise die Anzahl der Messkanäle und damit die Messauflösung skalieren können.“

Neue Richtlinien und Konzepte

Zusätzlich werden in dem Projekt neue Richtlinien für das Elektronikdesign sowie neue Konzepte für die Integration und Kommunikation erarbeitet. Der modulare Ansatz schafft auch die Basis für die Entstehung eines Marktes von Chiplet-Anbietern, etwa klein- und mittelständischen Unternehmens mit Spezial-Know-how. Die Verwendung offener Standards für die Kommunikation zwischen den Chiplets sowie die Verwendung offener Prozessorarchitekturen schaffen die Basis für einen breiten Einsatz der entwickelten Methoden.

Kooperationspartner
  • Institut für Theoretische Elektrotechnik und Mikroelektronik der Universität Bremen
  • Infineon Technologies AG
  • Fraunhofer-Institut für Zuverlässigkeit und Mikrointegration IZM
  • Ruhr-Universität Bochum
  • Fraunhofer-Institut für Hochfrequenzphysik und Radartechnik FHR
  • Physec GmbH
  • Viconnis Test Technologie GmbH
  • Conti Temic Microelectronic GmbH
  • Technische Hochschule Ingolstadt

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Veröffentlicht

Freitag
23. Juli 2021
07:53 Uhr

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