Aus Vorsicht kennzeichnen manche Influencer alle Produkte, die sie zeigen, als Werbung. Das ist gar nicht nötig. © RUB, Marquard

Rechtswissenschaft Wann Influencer Produktabbildungen als Werbung kennzeichnen müssen

Der Bundesgerichtshof zeigt in drei Urteilen den Weg auf: Längst nicht jeder Post muss als Werbung gekennzeichnet werden, nur weil Produkte darin gezeigt werden.

Wann müssen Influencer in ihren Posts die Präsentation von Produkten als Werbung kennzeichnen? Diese Frage treibt deutsche Gerichte seit Jahren um. Inzwischen hat der Gesetzgeber reagiert und im Sommer 2021 spezifische Regelungen beschlossen. Dessen hätte es nicht bedurft, meint Prof. Dr. Renate Schaub. Die Juristin der RUB hat sich drei Urteile des Bundesgerichtshofs näher angeschaut, die auf dem Recht vor der Gesetzesreform beruhen. „Sie setzen die Ziele des Gesetzgebers schon weitgehend um“, so ihr Fazit. Das Gericht wählt einen differenzierenden Ansatz, sodass zum Beispiel der Hinweis auf ein Unternehmen nicht als Werbung gekennzeichnet werden muss. Eine Verlinkung allerdings schon. Ihre Analyse hat sie im November 2021 in der Zeitschrift „Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht“ veröffentlicht.

Längst nicht alle Produkte müssen als Werbung gekennzeichnet werden

In ihrem Beitrag hat die Juristin drei Entscheidungen des Bundesgerichtshofs analysiert und zu demnächst in Kraft tretenden gesetzlichen Neuregelungen für Influencer in Beziehung gesetzt. „Insgesamt wählt der Bundesgerichtshof einen differenzierenden Ansatz, sodass nicht alle Beiträge von Influencern, die sich auf Produkte oder Dienstleistungen beziehen, gekennzeichnet werden müssen – von den drei Unterlassungsklagen war im Ergebnis nur eine erfolgreich“, berichtet sie.

Eine Kennzeichnungspflicht besteht insbesondere bei Beiträgen zugunsten fremder Unternehmen, die einen werblichen Überschuss aufweisen und bezahlt wurden. Allein der Hinweis auf fremde Unternehmen und die Verwendung von Tap Tags reichen dafür nicht aus, wohl aber eine Verlinkung auf eine Internetseite des Herstellers des abgebildeten Produkts. „Damit hat der Bundesgerichtshof erste wichtige Wegmarken für die rechtliche Beurteilung des Handelns von Influencern gesetzt“, so Renate Schaub. „Es bleiben aber auch noch etliche Fragen offen, insbesondere zur Ausgestaltung der Kennzeichnung oder zur Beschaffenheit einer Gegenleistung, etwa mit Blick darauf, dass Influencern häufig Produkte von den Herstellern zur Verfügung gestellt werden.“

Online-Vortragsveranstaltung zum Thema

In einer Vortragsveranstaltung des Bochumer Kreises Gewerblicher Rechtsschutz am 30. November 2021 geht es um „Influencer-Marketing im Licht der Rechtspraxis und der jüngsten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs“. Zunächst beleuchtet Daria Keller, Head of Marketing, GEBO Group, das Thema „Influencerwerbung“ aus Sicht der Rechtspraxis mit einem besonderen Akzent auf Vertragsgestaltung sowie Leistung und Gegenleistung. Anschließend diskutiert Renate Schaub die aktuellen Entscheidungen des Bundesgerichtshofs mit ihren Auswirkungen auf die Rechtspraxis sowie die im Mai 2022 in Kraft tretenden Änderungen des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) mit Blick auf Influencer.

Originalveröffentlichung

Renate Schaub: „Influencer und Lauterkeitsrecht – de lege lata und de lege ferenda“, in: Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht (GRUR), 2021

Veröffentlicht

Montag
29. November 2021
14:40 Uhr

Teilen