Psychologie Wie man Wissen für den Notfall wach hält
In vielen Industrieunternehmen laufen Prozesse automatisiert ab. Sind sie gestört, kommt es darauf an, dass die Mitarbeitenden ihre Kompetenzen schnell parat haben.
Die Automatisierung erleichtert Beschäftigten in der Industrie im Normalfall den Arbeitsalltag. Wenn das System allerdings gestört ist, kommt es darauf an, dass sie ihre selten angewandten Kompetenzen schnell parat haben. Wie man vor langer Zeit Gelerntes und selten genutztes Wissen und Können vor dem Einrosten bewahren kann, hat ein Team um Marina Klostermann untersucht. Gemeinsam mit dem Bundesinstitut für Berufsbildung haben die Arbeits-, Organisations-, und Wirtschaftspsychologinnen der RUB unter der Leitung von Prof. Dr. Annette Kluge dazu 58 Studien ausgewertet. Sie leiten Tipps fürs erste Lernen und für Auffrischungsmaßnahmen ab. Ihre Arbeit ist in der Zeitschrift „Safety“ vom 28. März 2022 veröffentlicht.
Studien aus über 45 Jahren
Dass lange nicht gebrauchtes Wissen einrostet, kennt jeder. Auch Mitarbeitenden von Industrieunternehmen geht das nicht anders. Im Fall von komplexen industriellen Prozessen in risikoreichen Industrien kann es aber katastrophale Folgen haben – man stelle sich zum Beispiel eine Chemiefabrik vor, in der es eine Störung gibt. Sitzt dann nicht jeder Handgriff, kann es schnell gefährlich werden. „Wir wollten wissen, worauf es ankommt, damit Mitarbeitende in solch einem Fall auch unter Zeitdruck ihre Kompetenzen abrufen und auf neue Situationen anwenden können“, sagt Marina Klostermann. Dazu hat sie mit ihrem Team eine fachübergreifende systematische Auswertung von 58 Studien aus den Jahren 1972 bis 2019 vorgenommen.
Auch kleine Maßnahmen sind erfolgreich
Ob und wie schnell Wissen sich verflüchtigt, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Wie komplex ist zum Beispiel der Prozess, um den es geht? Einen Einfluss haben auch die Lernenden. Ihre allgemeinen kognitiven Fähigkeiten spielen ebenso eine Rolle wie ihre Motivation und ihre Erfahrung.
Viele Industrieunternehmen begegnen dem drohenden Verlust der Kompetenzen ihrer Mitarbeitenden mit Auffrischungsangeboten. „Auch wenig aufwändige Interventionen können sehr hilfreich sein“, so Marina Klostermann. Das Auffrischen durch Beobachtung, zum Beispiel in einem Video, kann etwa Fertigkeiten ins Gedächtnis rufen und auch dazu beitragen, dass die Mitarbeitenden dieses Wissen auch auf neue Situationen anwenden können.