Mobilitätsstudie beendet Wie Bochum unabhängiger vom Auto werden könnte
Mit einem Ausbau der öffentlichen Verkehrsmittel allein wird eine Verkehrsverlagerung nicht gelingen, resümieren die Studienverantwortlichen. Auch die emotionale Ebene muss bedacht werden.
Wie die Mobilität in Bochum umweltverträglicher gestaltet werden könnte, hat ein Team aus der Sozialwissenschaft der RUB untersucht. Die Forschenden identifizierten Faktoren, die Menschen davon abhalten, vom Auto auf emissionsärmere Verkehrsmittel wie Bahn, Bus oder Fahrrad sowie Fußverkehr umzusteigen. Dazu befragten sie Bewohnerinnen und Bewohner aus Hamme, Gerthe und Wiemelhausen. Das von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt geförderte Projekt wurde Ende März 2022 abgeschlossen; der Ergebnisbericht ist in der Schriftenreihe des Zentrums für Interdisziplinäre Regionalforschung (ZEFIR) erschienen und online einsehbar.
Anne Graf, Corinna Pfeiffer und Prof. Dr. Sören Petermann vom ZEFIR führten die Studie durch. Bei der stadtteilrepräsentativen Befragung machten 2.179 Personen mit. Rund 70 Prozent der Befragten gaben an, mehrere Verkehrsmittel zur Verfügung zu haben, während etwa 30 Prozent nur Zugang zu einem Verkehrsmittel hatten – ein beachtlicher Anteil, urteilen die Forschenden. Für die Auswertung unterschied das ZEFIR-Team zwischen Personen, die ausschließlich das Auto als Verkehrsmittel nutzen, und Personen, die mehrere Verkehrsmittel kombinieren. Anhand dieses Vergleichs leiteten sie Bedingungen ab, die eine vielfältige, sogenannte multimodale Verkehrsmittelnutzung fördern und damit zu Verkehrsverlagerungen beitragen können.
Öffentliche Verkehrsmittel kaum als Alternative wahrgenommen
Gerade für Stadtteile in einer Großstadt ergeben sich individuelle Vorteile einzelner Verkehrsmittel je nach Ziel und Zweck. „Während die Parkplatzsuche in der Bochumer Innenstadt von vielen Autofahrern als Herausforderung beschrieben wird, bedienen gerade die öffentlichen Verkehrsmittel diese Strecke gut“, gibt Graf ein Beispiel. „Obwohl für öffentliche Verkehrsmittel die Parkplatzsuche entfällt, werden sie aber kaum als Alternative wahrgenommen.“
Strukturelle Maßnahmen reichen nicht. Auch die emotionale Ebene ist bei der Verkehrsmittelwahl entscheidend.
Corinna Pfeiffer
Die Ergebnisse zeigen auch, dass der Zugang zu einem Verkehrsmittel allein noch nicht dazu führt, dass Menschen es auch nutzen. „Strukturelle Maßnahmen reichen nicht. Auch die emotionale Ebene ist bei der Verkehrsmittelwahl entscheidend“, resümiert Pfeiffer. Persönliche Vorlieben wie sportliche Aktivität oder Umweltbewusstsein sowie gesellschaftliche Normen wie Statussymbole oder die jahrzehntelange Bevorzugung des Autos spielen eine Rolle. Die öffentlichen Verkehrsmittel werden beispielsweise als unflexibel für die individuellen Mobilitätsbedürfnisse wahrgenommen.
Wie eine Veränderung gelingen könnte
Um die Attraktivität der öffentlichen Verkehrsmittel zu erhöhen, wird der Ausbau des bestehenden Angebots nicht ausreichen, folgert das ZEFIR-Team. On-Demand-Verkehr und autonome Shuttles könnten das bestehende Angebot sinnvoll ergänzen, um den Anforderungen der Bevölkerung nach flexibler und individueller Mobilität gerecht zu werden. Entscheidend sei auch, die sogenannte letzte Meile – die Distanz zwischen dem Zugang zum öffentlichen Nahverkehr und dem Zielort – flexibel und schnell bewältigen zu können. Dazu müssten verschiedene Verkehrsmittel zur Verfügung stehen, die gut vernetzt sind.