Ein Teil des Bochumer Forschungsteams: Vivian Brandenburg (links) und Axel Mosig © RUB, Marquard

Bioinformatik Künstliche Intelligenz faltet RNA-Moleküle

Die räumliche Struktur von RNA-Molekülen ist entscheidend für ihre Funktion. Sie vorherzusagen ist aber eine Herausforderung.

Für die Funktion vieler Biomoleküle ist ihre dreidimensionale Struktur entscheidend. Daher sind Forschende nicht nur an der Sequenz der Einzelbausteine von Biomolekülen interessiert, sondern auch an ihrer räumlichen Struktur. Mithilfe von Künstlicher Intelligenz (KI) können Bioinformatikerinnen und -informatiker bereits zuverlässig die dreidimensionale Struktur eines Proteins aus dessen Aminosäuresequenz vorhersagen. Für RNA-Moleküle steht diese Technik jedoch erst am Anfang. Forschende der Ruhr-Universität Bochum (RUB) beschreiben in der Zeitschrift „PLOS Computational Biology“ vom 7. Juli 2022 einen Weg, um mit KI die Struktur bestimmter RNA-Moleküle zuverlässig aus ihrer Nukleotidsequenz vorherzusagen.

Für die Arbeiten kooperierten die Teams um Vivian Brandenburg und Prof. Dr. Franz Narberhaus vom Lehrstuhl für Biologie der Mikroorganismen der RUB mit Prof. Dr. Axel Mosig vom Kompetenzbereich Bioinformatik des Bochumer Zentrums für Proteindiagnostik.

Zellumgebung muss berücksichtigt werden

Ähnliche Bereiche in einer Nukleotidsequenz können sich zusammenlagern und dadurch dreidimensionale Anordnungen bilden. „Diese Selbstähnlichkeiten in einer RNA-Sequenz zu identifizieren ist wie ein mathematisches Puzzle“, erklärt Vivian Brandenburg.

Manche Segmente eines RNA-Moleküls (orange) bilden sogenannte Haarnadel-Strukturen aus. © Vivian Brandenburg

Für dieses Puzzle gibt es ein biophysikalisches Modell mit entsprechenden Vorhersage-Algorithmen. Das Modell kann allerdings nicht die zelluläre Umgebung der RNA berücksichtigen – und diese beeinflusst den Faltungsprozess ebenfalls.

Hier kommt die Künstliche Intelligenz ins Spiel. Diese kann anhand von bekannten Strukturen subtile Muster lernen, die sich aus der zellulären Umgebung ergeben. Diese Erkenntnisse könnte die KI dann in ihre Strukturvorhersagen einbeziehen. Für den Lernprozess braucht sie aber ausreichend Trainingsdaten – und die fehlen in der Praxis eigentlich.

Trainingsdaten mit einem Trick gewinnen

Um das Problem zu lösen, bediente sich das Bochumer Team eines Tricks: Die Forschenden arbeiteten mit bekannten RNA-Struktur-Motiven. Mit einer Art Rückwärtsgang konnten sie aus den Energiemodellen dieser Strukturen fast beliebig viele Nukleotidsequenzen generieren, die in diese räumlichen Strukturen falten würden. Mithilfe dieses sogenannten inversen Faltens erzeugten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler viele Paare aus Nukleotidsequenzen und Strukturen, mit denen sie die KI trainieren konnten.

Anschließend konfrontierten die Forschenden die KI mit einer neuen Aufgabe: Sie musste die Struktur von bestimmten bakteriellen RNA-Molekülen vorhersagen. Das gelang zuverlässig.

Veröffentlicht

Freitag
08. Juli 2022
11:03 Uhr

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